Hyundai macht Nägel mit Köpfen – und begnügt sich nicht allein mit dem weltweit einzigen Serien-Pkw, der drei alternative Antriebe bietet. Man entwickelte auch innovative Dienstleistungen, um neue Kundenkreise zu erobern. Hyundai Österreich-Chef Roland Punzengruber: „Damit betreten wir eine völlig neue Dimension der Mobilität!“ Jene des Ioniq Elektro hat Auto-Kaufberatung.at schon im ersten Kurztest auf Anhieb begeistert.
So schnelllebig die Zeit heute ist, so kurzlebig können auch Erkenntnisse sein. Daher ist es manchmal sinnvoll, von dieser schnelllebigen Zeit erst mal einige Wochen verstreichen zu lassen. Mitte Oktober 2016 – anlässlich der Markt-Einführung des Ioniq Hybrid – stellte Auto-Kaufberatung.at an Hansjörg Mayr, der gemeinsam mit Mag. Roland Punzengruber als Geschäftsführer von Hyundai Österreich fungiert, zwei Fragen zum mittlerweile ebenfalls verfügbaren Ioniq Elektro:
Nachdem ein erfolgreicher Mitbewerber wie der Renault Zoe neuerdings eine Norm- Reichweite von maximal 400 km erzielt, ist da nicht zu befürchten, dass die E-Version des Ioniq mit maximal 280 km schon zum Marktstart das Nachsehen haben könnte? Macht sich Hyundai deshalb womöglich bereits heute Gedanken, beim Ioniq Elektro eine stärkere Batterie einzusetzen?
Mayr: „Eine interessante Frage, die sich aber in der Praxis nicht wirklich stellt. Wir meinen, dass die Reichweite bei einem kompakten E-Auto keineswegs das allein bestimmende Element ist, weil sie im Alltag ohnehin nicht abgerufen wird. Dieses Profil gibt es nicht in der Realität. Es mag zwar aus psychologischer Sicht beruhigend wirken, über mehr Reichweite zu verfügen, doch in der Regel wird diese vom E-Auto-Fahrer nicht genutzt. Daher macht es auch keinen Sinn, eine größere Batterie einzubauen, die das Auto im Endeffekt nur schwerer und auch teurer machen würde.“
Doch zwischenzeitlich ließ der Hyundai-Konzern verlautbaren, dass die Reichweite des Ioniq Electric nicht groß genug sei, weshalb man für 2018 eine Optimierung auf 200 Meilen (322 km) plane. Ein Sinneswandel, von dem sich Mayr in seinem schriftlichen Statement vom 24.11.2016 nicht beirren lässt: „Der Ioniq zählt mit Sicherheit zu den innovativsten E-Fahrzeugen auf dem Markt. Innovation definieren wir in diesem Zusammenhang nicht nur mit Reichweite – bei einem E-Fahrzeug geht es wie immer um das ganze Paket. Hyundai ist dafür bekannt, dass durch laufende Optimierung noch mehr Effizienz geschafft wird. Dennoch sind wir der Überzeugung, dass die aktuelle Reichweite des Ioniq für das Anwendungs-Profil der allermeisten Elektro-Fahrer mehr als ausreichend ist. Darüber hinaus erfolgen die allermeisten Ladungen zu Hause, und daher muss man auch wissen, dass stärkere (schwerere) Batterien auch mehr Ladezeit benötigen oder zumindest höhere Investitionen in die Wallbox bedeuten.“
Eine Meinung, der sich Auto-Kaufberatung.at weitgehend anschließt. Zumal das Gros heimischer Autofahrer zumindest privat nicht einmal 50 km täglich zurücklegt. Trotzdem gehört es nach wie vor zum „guten Ton“, potenzielle E-Auto-Käufer mit dem Reichweiten-Thema zu verschrecken. Und auch vor „Ärger beim Wiederverkauf“ wird fleißig gewarnt. Neuerdings vor allem bei Modellen wie dem zuvor genannten Renault Zoe oder dem BMW i3, sofern man Eigner einer Version mit der geringeren Reichweite ist. Ein Schicksal, das demzufolge auch Besitzer eines aktuellen VW e-Golf blühen müsste, dessen Nachfolger ja ebenso mehr Reichweite erzielt, wie es in zwei Jahren beim Hyundai Ioniq Elektro der Fall sein soll.
Was stimmt denn jetzt? Gräuel-Prophezeiungen oder gute Restwert-Prognosen?
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„Bis 2020 wird der Hyundai-Konzern mit 28 neuen alternativ angetriebenen Fahrzeugen auf den Markt kommen, womit wir in diesem Bereich die klare Nummer eins sein werden“ Roland Punzengruber |
So gar nicht zu solchen Horror-Szenarien passen aber jene verhältnismäßig guten Restwert-Prognosen, die für Hybrid- und Elektro-Fahrzeuge kürzlich in einigen westeuropäischen Ländern ermittelt worden sind. Österreich ist zwar nicht dabei, lässt sich aber am ehesten mit Deutschland vergleichen, wo das Elektro- Auto einen adäquaten Stellenwert hat. Die hohe Wert- Stabilität für Ioniq Hybrid und Ioniq Elektro dürfte freilich auch auf die Fünfjahres-Garantie ohne km-Begrenzung samt der achtjährigen Garantie (oder max. 200.000 km) für die Hochvolt-Batterie zurückzuführen sein. Laut Hyundai konnte das E-Modell „außerdem durch seine hohe Antriebs-Effizienz, die hohe Qualität, den großzügigen Innenraum und die überlegene Beschleunigung im Vergleich zu seinen Mitbewerbern punkten“.
Zusätzlich punkten will Hyundai bei den E-Auto-Kunden mit der Erstellung jenes „Anwendungsprofils“, das von Hansjörg Mayr zuvor schon erwähnt worden ist: „Beim Elektro-Modell wollen wir im Beratungsgespräch für den privaten Kunden sehr genau auf dessen Fahrprofil eingehen, um zu ermitteln, inwieweit dieses Auto sein Nutzer-Verhalten abdecken kann. Nur wenn diese Abdeckung prozentuell sehr hoch ist, wird die Elektro-Version auch empfohlen.“
„Zur Ermittlung des eigenen Fahrprofils“, ergänzt Punzengruber, „bietet Hyundai sowohl für Privat- als auch Firmenkunden eine professionelle Analyse an, die sich über vier Wochen erstreckt und danach das glasklare Ergebnis liefert, welcher Antrieb sich für den Käufer am besten eignet und damit für ihn auch der wirtschaftlichste ist.“
Damit nicht genug. Punzengruber: „Wir lancieren mit dem Ioniq nicht nur ein Auto. Mit den peripheren Dienstleistungen, die wir dazu entwickelt haben, offerieren wir für die Kunden auch ein ,Rundum-sorglos-Paket’. Dazu wird auch gehören, dass Hyundai der erste OEM sein wird, der im zweiten Quartal 2017 mit einer eigenen Tankkarte auf den Markt kommt, die im Prinzip der Routex-Card der OMV entspricht und ein Aufladen an praktisch allen E-Ladestationen in Österreich ermöglichen wird.“
Darüber hinaus, so Punzengruber weiter, werde Hyundai Österreich in Kürze eine Presse-Konferenz zum Thema E-Carsharing anberaumen. „Dabei handelt es sich ebenfalls um ein sehr innovatives Konzept, das sich an viele neue Kundenkreise richten wird. Das heißt, wir betreten mit dem Ioniq eine völlig neue Dimension der Mobilität!“ Und wir ernten hoffentlich keine betretenen Gesichter, wenn wir dazu den Link auf eine interessante Online-Meldung wagen.
Hyundai dagegen wagt beim Ioniq ein Modellsplitting, das mit dem heimischen Markt nicht ganz konform geht. Punzengruber: „Heute entfallen bei den alternativen Antrieben rund 48% auf den rein batterie-elektrischen sowie 15% auf den Plug-in-Hybrid und der Rest auf den Hybrid-Antrieb. Bei Hyundai ist die Eintaktung etwas anders: Hier sehen wir den Ioniq Hybrid aufgrund seines sensationellen Preis-Leistungs-Verhältnisses als volumenmäßig stärkstes Modell. Allerdings dicht gefolgt vom Ioniq Elektro, weil wir durch das E-Carsharing-Vorhaben, wie gesagt, einen erweiterten Abnehmerkreis erwarten.
Pläne, aufgrund derer Punzengruber Mitte Oktober noch folgende Stückzahlen prognostizierte: „Für 2017 haben wir uns vorgenommen, in Österreich 800 Hybrid- und 500 Elektro-Exemplare sowie ab Jahresmitte 150 Plug-in-Hybride vom Ioniq zu verkaufen, wobei vom Letztgenannten zum Marktstart natürlich auch Vorführ-Fahrzeuge eingerechnet sind.“
Ankaufsprämie: Mehr Stückzahlen oder Rohrkrepierer nach deutschem „Vorbild“?
Allerdings: „Diese Prognose kann sich zu Gunsten des Ioniq Elektro noch deutlich verändern, wenn der Finanzminister zur Förderung von alternativen Antrieben plötzlich seinen Geldbeutel öffnet“, so Punzengruber damals in weiser Voraussicht. Hier der Link auf die Vorzüge des neuen E- Mobilitätspakets, in das vor allem die viel versprechende Ankaufsprämie von bis zu 4.000 Euro für private E-Autos geschnürt worden ist.
Grundsätzlich geht Hyundai Österreich beim Ioniq Elektro aber nicht davon aus, erklärt Mayr, „dass er im urbanen Bereich stärker nachgefragt wird. Wir glauben sogar, dass das E-Modell im ländlichen Raum eher Abnehmer findet, weil die Haushalte dort über weitaus mehr eigene Garagen samt Steckdosen verfügen.“
Stimmt natürlich. Doch langfristig sollte sich dies für städtische E-Auto-Interessenten zum Besseren wenden, nachdem Verkehrsminister Jörg Leichtfried bereits vor der Präsentation des Förderpakts jene EU-Vorschläge begrüßt hat, wonach Neubauten künftig verpflichtend mit E-Ladestationen ausgestattet sein müssen. Eine Entwicklung, der sich selbst Wiens Verkehrs-Stadträtin Maria Vassilakou nicht mehr verschließt: In den nächsten zwei Jahren soll die Bundes-Hauptstadt über ein flächendeckendes Netz an E-Tankstellen verfügen. Konkret will man bis Mitte 2017 mit dem Ausbau der ersten Tranche von 500 Lade-Stationen beginnen. Als Pilot-Bezirke wurden Leopoldstadt und Ottakring ausgewählt.
Noch aber böten ländliche Haushalte „die ideale Voraussetzung für ein E-Auto und all seine Vorteile wie extrem niedrige Betriebs- und Wartungskosten – wodurch der höhere Anschaffungs-Preis relativ rasch amortisiert wird – sowie diverse Förderungen und natürlich die Befreiung von NoVA und Kfz-Steuer“, betont Mayr. „Wobei im Gewerbe seit heuer ja noch weitere gewichtige Argumente für E-Fahrzeuge sprechen, nämlich der Vorsteuer-Abzug und die Befreiung vom Sachbezug bei Privatnutzung. Zumal die Autos ja nicht nur im Außendienst auf längeren Strecken eingesetzt werden. Es gibt heute sehr viele Nutzer, deren Firmenwagen Bestandteil ihres Gehalts ist und der primär dafür verwendet wird, lediglich zwischen Wohn- und Arbeitsstätte zu pendeln.“
Also alles eitel Wonne? Nicht ganz: Die von Deutschland abgekupferte Ankaufs-Förderung für private E-Auto-Käufer versetzt zumindest den ÖAMTC nicht in Jubelstimmung – nachdem sich die Prämie auf den Absatz von E-Autos im großen Nachbarland bislang kaum positiv ausgewirkt hat.
Ob das phlegmatische Kaufverhalten der Deutschen vielleicht zu denken geben sollte, wollte Auto-Kaufberatung.at von Hyundai Österreich noch nachträglich wissen. Wo man allerdings keine Anstalten machte, auf diese Frage tatsächlich einzugehen. Stattdessen: „Hyundai begrüßt die Initiative des neuen E-Mobilitätspakets und auch die Zusammenarbeit von Bund und Industriellen-Vereinigung, die zu diesem Entschluss geführt hat. Diese E-Förderung für Privat- und Firmenkunden wird sicherlich gut bei den Konsumenten ankommen und auch ein größeres Interesse an den Elektro-Fahrzeugen wecken! Da Hyundai – inklusive des Wasserstoff-Elektro-Fahrzeugs ix35 FCEV – weltweit der einzige Anbieter ist, der vier elektrifizierte Antriebsformen anbietet, sehen wir das E-Mobilitätspaket als positiven Anreiz für 2017/18.“
Ohne Zweifel: In der Elektro-Version ist Hyundai der Ioniq besonders gut gelungen
Mehr Klartext kam von Hansjörg Mayr zum Ioniq Elektro: „Wenn man ein Elektro-Auto fährt, bekommt man das Gefühl der Veränderung in der Mobilität besonders deutlich vermittelt. Weil man spürt und genießt, dass man umweltschonend unterwegs ist.“ Klingt pathetisch? Mag sein. Aber nur solang, bis sich der Ioniq Elektro gattungstypisch vehement in Bewegung setzt. Danach gleitet der Fronttriebler dank tiefen Schwerpunkts, langen Radstands und zielgenauer Lenkung selbst auf verwinkelten Landstraßen wie auf Schienen dahin. Emissionsfrei und natürlich flüsterleise.
Erster Fahreindruck daher: Kaum ein anderes „E-Gerät“ in dieser Preisklasse bereitet so viel Fahrspaß wie der Hyundai. Trotz der relativ bescheidenen Leistung von 120 PS resp. 88 kW, der jedoch ein sattes Drehmoment von maximal 295 Nm gegenübersteht. Die lassen sich klarerweise nur im Sport-Modus abrufen, im Eco- und Normal-Modus sind es aber immer noch 265 Nm – und damit mehr als z.B. im kleineren BMW i3 mit 170 PS und maximal 250 Nm.
Highlight im Ioniq Elektro sind die Schaltpaddel am Lenkrad, die ob des Eingang-Getriebes zumindest Uneingeweihte vorerst verwirren. Der Clou ist, dass sich damit kinderleicht die Rekuperation (Bremsenergie-Rückgewinnung) regeln lässt. Bei null Rekuperation resp. auf Niveau 0 (siehe Bild 4 unten) läuft das Auto, sobald man den Fuß vom „Gaspedal“ nimmt, quasi ohne Rollwiderstand weiter. Schaltet man dagegen auf Niveau 1, 2 oder gar 3, erspart man sich vor Kurven den Tritt auf die Bremse. Natürlich: Zur Sicherheit leuchten ab einer Verzögerung von 1,3 m/s² die Bremslichter auf. Zusätzliches Komfort-Plus: Trotz der enormen möglichen Bremswirkung verzögert der Ioniq dank Elektronik so sanft, wie man es mittels Kupplung nie bewerkstelligen könnte – um etwa nach Altväter Sitte die Bremsen zu schonen.
So viel zu den wesentlichen Eigenschaften des Ioniq Elektro, den sich der Autor dieser Zeilen am liebsten gleich zugelegt hätte. Doch leider: Während das Aufladen beim Häuschen auf dem Lande kein Problem wäre, stehen die Chancen in der Mehrparteien-Tiefgarage in Wien dafür schlecht. Da hat Hyundai-Chef Mayr den – derzeit noch – wunden E-Auto-Punkt durchaus getroffen.
Mehr Infos zum Hyundai Ioniq finden sich in nachstehender Foto-Galerie. Und ja: Wer beim Thema E-Auto-Zukunft nicht auf dem neuesten Stand ist, kann sich dazu die jüngsten Analyse- und Prognose-Ergebnisse von PwC Automotive zu Gemüte führen. Obwohl das mit Prognosen freilich immer so eine Sache ist …
Website des Importeurs: www.hyundai.at
Stand: November 2016