Mehr als sieben Jahre musste man zuletzt bei der „Millionenshow“ warten, ehe wieder ein Euro-Millionär gekürt worden ist. Will man dagegen eine Million Kilometer erreichen, hat man statistisch als Toyota-Fahrer die besten Chancen darauf. Vor allem, wenn man den überaus verlässlichen Hybrid-Joker ausspielt. Auch der Auris Hybrid trägt diese „Ewig-fahr“-Gene in sich. Trotzdem: Im Test ist uns mit ihm ein kleines Kunststück gelungen.
Zwei Herzen im Benzinspar-Takt. Hybrid-Pionier Toyota tanzt den Mitbewerbern mit seinem dualen Antrieb auf der Nase herum. Hat man die Technologie der Japaner in Europa einst noch belächelt, ziehen sie damit heute alle CO2-Register und gelten als das grüne Aushängeschild der Automobil-Industrie. Dabei ist der erste Toyota mit Vollhybrid-Technik schon vor 16 Jahren eingeführt worden. An dieser wird zwar laufend gefeilt, aber konstruktiv hat sich im Prinzip seither gar nichts geändert. Auch beim Auris-Vormodell (Fahrbericht vom Jänner 2011) und beim Prius (Fahrbericht vom Oktober 2012) sorgen die gleichen Aggregate für Vortrieb wie jetzt beim jüngsten Auris-Testexemplar – ein Benzin-Motor mit 99 PS und ein Elektro-Motor mit 60 kW. Zusammen erzielen sie eine so genannte System-Leistung von 136 PS.
Datenblatt | |
---|---|
Motor | 16V-Vierzyl.-Benziner, 1.798 ccm, Euro 5 (+ E-Antrieb) |
Leistung | 100 kW/136 PS (Hybrid), Benziner: 73 kW/99 PS bei 5.200/min, E-Motor: 60 kW/81,6 PS |
Drehmoment | 142 Nm bei 2.800–4.000/min |
Spitze | 180 km/h |
Testverbrauch | 4,9 l ROZ 95/100 km |
Normverbrauch | 3,9 l ROZ 95/100 km |
CO2 | 91 g/km („Lounge“) |
L/B/H | 4.275/1.760/1.460 mm |
Leergewicht | 1.405 kg |
Gesamtgewicht | 1.840 kg |
Preis | EUR 28.150 inkl. 2% NoVA und 20% MwSt. (Top-Ausstattung) |
Stand: Dezember 2013 |
Doch in der Methodik, Bewährtes beizubehalten und es permanent zu verbessern, liegt auch das Geheimnis, warum Toyota-Produkten der Ruf der Unverwüstlichkeit anhaftet. Die Japaner nennen es Kaizen. Und tatsächlich: Steter Tropfen höhlt den Stein. Bei den 100.000 und mehr Kilometer umfassenden Dauertests renommierter Automagazine fahren Toyota-Hybrid-Modelle dank ihrer überragenden Zuverlässigkeit so gut wie nie außerplanmäßig eine Vertrags-Werkstatt an. Nicht anders verhält es sich im Taxi-Gewerbe, wo die Haltbarkeit des Prius in den höchsten Tönen gelobt wird – ebenso wie sein Sprit-Verbrauch, zumal die Hybrid-Technik im urbanen Einsatz ihre Effizienz voll ausspielen kann.
Solche Erfahrungswerte sowie eine engagierte Promotion von Toyota-Importeur Frey zeigen Wirkung und sorgen langsam, aber sicher für Bewegung auf dem heimischen Markt: Inklusive November wurden 2013, so verrät die Statistik Austria, immerhin 2.301 Hybrid-Neuwagen in Benzin-Elektro-Kombination abgesetzt. Gegenüber 2012 ein Zuwachs von respektablen 34,3 Prozent! Natürlich geht der aufs Konto aller Anbieter, aber der riesige Löwenanteil entfällt auf Toyota und Nobel-Ableger Lexus. Weltweit dürfte der japanische Konzern schon sechs Millionen Hybrid-Fahrzeuge verkauft haben, nachdem allein 2012 rund 1,22 Millionen und bis Ende März 2013 insgesamt 5,125 Millionen erstmals zugelassen wurden.
Trotzdem hat das automobile Synonym für Verlässlichkeit, der legendäre Prius, 2013 im Verkauf Federn gelassen: Bis einschließlich November musste der Hybrid-Klassiker (inklusive dem Siebensitzer Prius+ und der Plug-in-Version, die beide Mitte 2012 debütierten) in Österreich einen Rückgang von 14,07 Prozent hinnehmen – mehr als doppelt so viel wie der PKW-Gesamtmarkt, der bis dahin ein Minus von 6,1 Prozent verzeichnete. Einziger „Trost“ für Toyota Frey: In Deutschland sanken die Prius-Zulassungen bis zum Jahresende sogar um 41,3 Prozent.
Doch hier und jetzt geht’s um den seit einem Jahr auf dem Markt befindlichen Neo-Auris, der sich 2013 mit allen Antrieben (also Benzin, Diesel und Hybrid) nachhaltig in Szene gesetzt hat: Bis Ende November wurde hier zu Lande ein Zulassungs-Plus von fast 178 Prozent erzielt! In Stückzahlen waren das immerhin 2.031 gegenüber eher jämmerlichen 731 Einheiten des Vormodells bis Ende November 2012. Ein Zuwachs, der freilich auch der zwischenzeitlich eingeführten (t)raumhaften Kombi-Version Touring Sports zu verdanken ist. Aber nicht nur. Denn der gewaltige Auris-Auftrieb hat schon zu Jahres-Beginn 2013 eingesetzt.
Der Erfolg des neuen Modells dürfte mit ein Grund dafür sein, dass Toyota eine recht selbstbewusste Preispolitik betreibt. Zum Beispiel kostete das Testexemplar, ein Auris Hybrid in der opulent ausstaffierten Top-Version Lounge, zur Markt-Einführung exakt 27.000 Euro, ab Mitte 2013 waren es 27.600, und mittlerweile sind es bereits 28.150 Euro. Zu nach wie vor günstigen Tarifen gibt es jedoch sinnvolle Optionen, wie etwa ein Navi-System um 551 Euro oder Bi-Xenon-Scheinwerfer samt adaptivem Kurvenlicht und einem Fernlicht-Assistenten sowie einer Scheinwerfer-Reinigungsanlage um besonders wohlfeile 734 Euro. Sparen kann man sich dagegen unseres Erachtens ein nicht zu öffnendes Panorama-Glasdach (lässt also nur Licht, aber keine Luft rein) um 612 Euro oder gar eine Vollleder-Polsterung um 2.081 Euro. Wer auf solche Goodies abfährt, kann diese aber immerhin über ein sehr fair kalkuliertes „VIP-Paket“ ordern.
Auris, der zweite: Im Grunde ganz der Alte, aber im Detail deutlich verbessert
Und wie fährt sich der aktuelle Auris? Eigentlich kaum anders als das Vormodell. Okay: Als langbeiniger Fahrer fühlt man sich dank der größeren Sitz- und einer ausreichenden Lenkrad-Verstellung jetzt besser aufgehoben. Außerdem ist die designverspielte Mittelkonsole mit „Schwebe-Effekt“ Gott sei Dank einer normalen Variante gewichen. So gesehen ist der Umgang mit dem kompakten Japaner noch einfacher geworden, als dies ohnehin schon der Fall war.
Gut möglich, dass auch das tadellose Zusammenspiel zwischen Benzin- und Elektro-Motor noch um eine Nuance harmonischer als bisher funktioniert. Doch die typische, recht lautstarke Kraftentfaltung über die stufenlose (und verschleißarme!) CVT-Automatik blieb natürlich erhalten: Gibt man dem Auris Hybrid entgegen seiner artgerechten Haltung nämlich die Sporen, quittiert er dies – nebst Vortrieb – mit einem aufheulenden Triebwerk. Allerdings fraglos dezenter als im Vorgänger.
Die optimierte Geräusch-Dämmung ist daher ein wesentlicher Fortschritt, den Toyota gemacht hat. Ein zweiter, noch bemerkenswerterer findet sich im Kofferraum: Da die Akkus (nach wie vor Nickel-Metallhydrid) unter die Fondbank versetzt wurden, offeriert die Hybrid-Version nun das gleiche ordentliche Volumen fürs Gepäck wie die konventionell angetriebenen Auris-Modelle.
Positiv aufgefallen ist der neue Auris auch in Sachen Fahrsicherheit, zumal ihn gegenüber dem Vorgänger eine etwas steifere Karosserie und ein tieferer Schwerpunkt auszeichnen. Für einen Fronttriebler durcheilt er Kurven jedenfalls überraschend neutral und spurstabil – mit der Tendenz, im Grenzbereich gleichmäßig zum Kurven-Außenrand zu drängen. Dann allerdings genügt schon eine kleine unkontrollierte Lenkbewegung, um ein massiv eingreifendes ESP (heißt bei Toyota VSC) zu mobilisieren. Der Testwagen war übrigens auf – vorwinterlichen – Pneus der Dimension 225/45 R17 unterwegs.
Als weniger ausgewogen haben wir diesmal die Federung empfunden, obwohl Toyota gegenteilige Versprechungen gemacht hat. Zumindest bei voller Beladung werden gröbere Fahrbahn-Wellen von der Hinterachse gelegentlich mit „durchschlagendem Erfolg“ pariert. Unverändert standfest haben sich dafür die Bremsen gezeigt, die aber ebenso wie beim vorigen Auris im Stop-and-go-Verkehr nicht fein zu dosieren sind.
Umso besser lässt sich der Benzin-Verbrauch dosieren, wenn man den Auris Hybrid nach der empfehlenswerten „Gleiten statt Hetzen“-Methode bewegt. Im Idealfall, sprich im Eco-Modus und bei defensiver Fahrweise im städtischen Bereich, lässt sich beinahe der Norm-Mix von 3,9 Litern erzielen. Im Schnitt hat sich der Testkandidat genau einen Liter mehr auf hundert Kilometern gegönnt – inklusive rund 50-prozentigem Autobahn-Anteil, den unser Senior-Tester nicht nur im Schongang zurückgelegt hat.
SENIOREN SPECIAL (Erklärung siehe Rubrik „Über uns“)
„Zugegeben“, meint unser Redaktions-Oldie, „von der Verbrauchsanzeige im Auris war ich spontan überrascht. Nur 7,7 Liter wurden signalisiert, als ich ihn kurz auf Tacho 170 getrieben habe.“ Natürlich auf einer Autobahn in Deutschland? „Natürlich!“, entgegnet der Senior mit breitem Grinsen. „Womit der Bordcomputer wohl nichts beschönigt hat, nachdem sich im Testmittel nur 4,9 Liter ergaben.“
Das Sparpotenzial ist jedoch nicht der einzige Grund, weshalb sich der bald 76-jährige eingefleischte Diesel-Fahrer mit Toyotas Hybrid-Technologie mehr und mehr anfreunden kann: „Zum einen ist es freilich die bessere CO2-Bilanz des Benziners, der auch sonst weniger Schadstoffe ausstößt als der Diesel. Die Idee, dem Ottomotor mit Elektro-Hilfe anständige Trinksitten anzuerziehen, ist daher eine gute gewesen. Zum anderen schaut es so aus, dass die Techniker die konzeptbedingten Probleme eines Hybrid-Systems mit stufenlosem Planeten-Getriebe zusehends in den Griff bekommen. Genauso wie die charakteristische Trägheit im Power-Modus bestens überwunden wird, weil sich damit Überholvorgänge völlig sicher absolvieren lassen. Jedenfalls auf ebener Strecke. Mit zunehmender Steigung geht dem Auto auch im Fahrprogramm Power die Luft aus.“
Doch das Revier eines Hybrid-Toyota ist ja bekanntlich ein anderes: „Kürzlich lernte ich einen Taxifahrer kennen, der mit seinem Prius schon rund 400.000 problemlose Kilometer zurückgelegt hat. Und dabei hat er nach eigenem Bekunden noch nie die Power-Taste betätigt. Das Beste aber: Auch von einem unter Last aufheulenden Motor hat er in all den Jahren nie was bemerkt. Was er damit erklärte, dass er immer ,pomale’ unterwegs sei. Auf solche Fahrer ist der Hybrid-Japaner klarerweise exakt zugeschnitten.“
Jenseits aller Huldigungen eines „Langzeitautos“ gibt es beim Auris aber auch Raum für Verbesserungen: „Bloß weil das Vehikel verlässlich fährt, heißt das noch lange nicht, dass es mit den Jahren so ahnsehnlich bleibt wie zum Beispiel ein guter alter Daimler“, stellt der Senior aus seiner Sicht klar. „Auch wenn beim Testauto alles reibungslos funktioniert hat und erwartungsgemäß nirgendwo ein Teil von einer Kunststoff-Verkleidung abgefallen ist, stelle ich mir eine detailverliebte Verarbeitung doch anders vor. Bitte nicht missverstehen: Für diesen Preis und diese Serien-Ausstattung gehen Qualität und Materialanmutung durchaus in Ordnung. Aber von einem ,deutlich aufgewerteten Interieur’, wie es Toyota für die zweite Auris-Generation angekündigt hat und auf unserem Portal auch zu lesen war, habe ich nicht allzu viel bemerkt.“
Gibt’s auch einen konkreten Kritikpunkt? „Ja, sogar zwei zum Thema Licht. Die Ausleuchtung durch das Xenon-Abblendlicht hat mich nicht wirklich begeistert. Den Unterschied zum Fernlicht möchte ich Klavier spielen können. Und was mich noch gestört hat, auch wenn das Jüngere vielleicht amüsiert, ist das verzögerte Umschalten der Licht-Automatik. Beispiel: Man ist mit Tagfahrlicht unterwegs, fährt in einen Tunnel ein und muss relativ lang warten, bis sich das Abblendlicht aktiviert. Dieser Eindruck ist auch objektivierbar, weil ich hinter einem Bekannten mit einem neuen Skoda Octavia gefahren bin, bei dem ebenfalls nur das Tagfahrlicht an war. Beim Auris hat’s jedoch rund drei Sekunden länger gedauert, ehe die Scheinwerfer aufleuchteten.“
Bedauerlich, dass dem Auris so spät ein Licht aufgeht. Bezeichnender dürfte aber sein, dass Österreichs Autokäufern eines aufgegangen ist, wie die gestiegenen Zulassungen beim neuen Modell belegen. Für uns dagegen ist bezeichnend, dass wir unseren Leser bis jetzt nicht verraten haben, welches – ganz zu Anfang erwähnte – „Kunststück“ wir mit dem Auris Hybrid vollbracht haben. Schließlich sollen sie auch einen Blick in die Foto-Galerie werfen, wo sie noch weitere Infos erwarten.
Website des Importeurs: www.toyota.at