Außen XL, innen XXXL. Was sich bei der Hosen-Wahl nicht sehr empfiehlt, nennt sich beim Auto schlicht Raum-Ökonomie. Und die beherrscht Skoda aus dem Effeff. Den Beweis dafür treten die Newcomer Rapid und dritter Octavia an. Faszinierend daran: Beide ordnet der Hersteller der Kompakt-Klasse zu! Wir haben die Rapid-Qualitäten erforscht – und von Intercar-Chef Max Egger erfahren, wie rasch man bei Skoda auf Kritik reagiert.
Stillstand ist Rückschritt, wie’s so schön heißt. Trotzdem: Skodas Evergreen Octavia II, der demnächst von der dritten Generation abgelöst wird, könnte sich noch lange behaupten. Nach wie vor ist er das Zugpferd der tschechischen VW-Konzern-Marke. Und somit maßgeblich daran beteiligt, dass Skoda hier zu Lande das Jahr 2012 mit dem größten Erfolg in der Geschichte beschließt: Mit dem zweiten Platz im Marken-Ranking, direkt hinter Dauersieger VW. Die Bemühungen des heimischen Importeurs Intercar Austria, das 20-Jahr-Jubiläum „gebührend“ zu feiern, haben anscheinend gefruchtet.
Dass sich dieser Trend fortsetzt, bedarf keiner prophetischen Weitsicht. Was Intercar Austria heuer mit gutem Marketing schaffte, wird durch Skodas bevorstehende Modell-Offensive künftig deutlich erleichtert: Die Markt-Einführung des bereits bestellbaren Rapid (ab reizvollen 14.890 Euro) erfolgt am 11. Jänner 2013 (im Rahmen der Vienna Autoshow). Im Frühjahr 2013 startet der Octavia III, dem bald darauf unter anderem die Combi-Version und Allrad-Modelle folgen. Und für den Herbst 2013 ist das Debüt des Spaceback geplant, der kürzeren Rapid-Variante im Fließheck-Format.
In der zweiten Jahreshälfte 2013 werden außerdem die aufgefrischten Versionen des Yeti und des Skoda-Flagschiffs Superb anrollen (dessen völlig neuer Auftritt Ende 2015 sein dürfte). Bis ins Folgejahr 2014 wird sich dagegen der Start des komplett erneuerten Fabia ziehen, auf den der Handel schon sehnsüchtig wartet. Auch die Neu-Auflage des Roomster sollte 2014 über die Bühne gehen. Mehr Geduld erfordern nur noch kolportierte SUV-Modelle – unter und über dem Yeti – mit denen angeblich in gut zwei Jahren zu rechnen ist. Vielleicht könnte dann auch ein Rapid Combi bereits zum Straßenbild gehören.
Apropos „unter und über“: Skoda gilt als Nischen-Spezialist – und stiftet damit Verwirrung. Weil man sowohl den neuen Rapid (basiert auf der Kleinwagen-Plattform des Fabia) als auch den neuen Octavia (basiert auf dem modularen Querbau-Kasten des Golf) in der Kompakt-Klasse ansiedelt. Beim Rapid geht das freilich in Ordnung. Denn außer der Plattform hat er mit einem Kleinwagen nichts mehr gemein. Im Gegenteil: Sein Radstand ist größer als jener des aktuellen Octavia II. Und den Fond-Insassen bietet er sogar mehr Beinfreiheit als der neue Golf VII!
Der Clou jedoch ist der „kompakte“ Octavia III, der selbst den Rapid deutlich aussticht. Kein Wunder: Mittelklasse-verdächtige 4,66 Meter misst der ganze Stolz der Tschechen von Stoßfänger zu Stoßfänger, der ebenso wie sein „kleiner“ Bruder eine Meisterleistung in Sachen Raum-Ökonomie ist: „Kein Fahrzeug bietet mehr Innenraum-Länge“, betonen die Octavia-Väter. „Innerhalb des Kompakt-Segments“, versteht sich.
Doch Intercar Austria-Chef Max Egger lässt an der logischen Positionierung der beiden Neulinge ohnehin keinen Zweifel. Seinen Worten zufolge (siehe auch nachstehendes Interview) passt der Octavia III punktgenau zwischen den geräumigen Rapid und den riesigen Superb. „Eigentlich sogar näher am Superb.“ Wozu also führt Skoda mit einer ausgewachsenen Limousine ad absurdum, wovon eh nur noch ein kläglicher Rest übrig ist? Nämlich die Einteilung nach klaren Fahrzeug-Klassen.
Und zur Klarheit für unsere Leser: Nach dem Gespräch mit Max Egger schildern wir in der Foto-Galerie unsere Eindrücke vom Skoda Rapid mit dem agilen, 86 PS starken TSI-Benziner in Ambition-Ausstattung. Nach Einschätzung des Importeurs wird das Auto in dieser Konfiguration das meistverkaufte Rapid-Modell in Österreich sein. Günstiger in der Anschaffung ist zwar der Dreizylinder-Benziner mit 75 PS. Doch beim Verbrauch gibt der Vierzylinder-Direkteinspritzer den Ton an: Im Norm-Mix begnügt sich der 86-PS-Rapid mit 4,9 l/100 km, der schwächere benötigt einen ganzen Liter mehr!
Eingesparte Fensterheber: Ab Herbst zumindest beim Rapid kein Thema mehr
Der 55-jährige Max Egger gilt als Skoda-Urgestein. Seit mittlerweile 23 Jahren gehört der ehemalige Autohändler dem VW-Konzern an. Fast genauso lang fungiert er schon als Geschäftsführer des Skoda-Importeurs Intercar Austria. Sprich: Seit der Gründung im Jahr 1991. Auto-Kaufberatung.at verriet Egger nicht nur, wie rasch man bei Skoda auf Kritik reagiert, sondern auch, wie man bei Kunden den Gusto auf frische Farben anregt.
Auto-Kaufberatung.at: In der Lackpalette des Rapid habe ich ein paar Farbtupfer entdeckt wie „Rallye-Grün-Metallic“ oder „Sprint-Gelb“, die sich von den gedeckten Tönen wohltuend abheben. Erfüllt der Mut zu Buntem nur einen Alibizweck oder knüpfen Sie daran echte Erwartungen?
Max Egger: Wir haben bewusst ein paar kräftigere Farben ins Rapid-Programm aufgenommen. Wobei wir schon seit längerer Zeit darauf Bedacht nehmen, dass jeder Skoda-Händler in seinem Schauraum auch einen Neuwagen mit so einer frischen Farbe in Rot, Grün oder Gelb stehen hat. Zumal die bei gar nicht so wenigen Kunden gut ankommen. Dass sich diese dann oft doch anders entscheiden, liegt daran, dass sie Bedenken wegen des Wiederverkaufs haben. Vor allem bei weiblichen Kunden ist das zu beobachten. Frauen finden zwar Gefallen an dem Gedanken, sich mit einer individuelleren Autofarbe von der Masse abzuheben. Aber wenn’s dann zur Entscheidung kommt, gehen sie sehr rational vor. Männer dagegen tendieren von Anbeginn eher zu eleganten Metallic-Farben.
AKB: Deshalb bekommt eine Farbwahl nach Lust und Laune offenbar keine Eigendynamik, weil man zu viele Wenn und Aber ins Kalkül zieht und so im Endeffekt wieder eine Vernunftwahl trifft.
Egger: Wobei man Nachfrage aber auch fördern kann. Darum haben wir uns ja entschieden, dass es besser wäre, die Schauräume durch einen Farbklecks zu bereichern. Und siehe da. Auf einmal haben auch Kunden, die sonst eher unauffällige Farben bevorzugen, ihr Auto in Gelb bestellt.
AKB: Und bei diesem Arrangement mit den Handelspartnern, wonach sich jeder Schauraum mit solchen Farbtupfern präsentieren soll, spielen alle mit?
Egger: Ja, schon. Und wenn jemand skeptisch ist, bekommt er halt für das gelbe Modell drei Monate mehr Zahlungsziel. Aber im Nachhinein kann’s durchaus passieren, dass sich gerade diese Farbe beim ihm als Selbstläufer erweist.
AKB: Seit der Markt-Einführung von VW up!, Skoda Citigo und Seat Mii gehören eingesparte elektrische Fensterheber zu meinen „Lieblingsthemen“ bei Produkten aus dem VW-Konzern. Über den sinnlosen, weil einsamen Fensterheber in der Fahrertür der Drillinge kann man sich ja wirklich nur wundern. Umso krasser find’ ich, dass Skoda beim Rapid diese verfehlte Rotstift-Politik sogar fortsetzt, indem man die Top-Linie Elegance zwar bei allen Türen mit Fensterhebern ausstattet, die Fondfenster aber nicht von der Fahrertür aus bedienen kann!
Egger: Über den Umstand, dass man im Citigo von der Fahrertür nicht das Beifahrer-Fenster öffnen kann, habe ich schon mit unserem Designer Karl Neuhold gesprochen. Das ist bei uns durchaus ein Thema. Ebenso kennen wir die Problematik beim Rapid mit den nicht fernbedienbaren hinteren Fenstern und haben sie auch schon beim Hersteller beeinsprucht.
AKB: Das heißt?
Egger: Das heißt: Ab Herbst 2013, sobald der kürzere Spaceback die Rapid-Palette abrundet, wird dieses Problem bereits behoben sein.
AKB: Ah ja, der Spaceback, der wird noch ein bisserl preisgünstiger sein?
Egger: Ein bisserl wahrscheinlich.
AKB: Und auch mit einem brauchbaren Kofferraum?
Egger: Die genauen Maße kenne ich nicht, weil wir noch keine Typisierungs-Unterlagen haben. Aber ich habe den Kofferraum schon gesehen, er ist überraschend groß, das ist beim Fließheck sehr geschickt gelöst.
AKB: Freilich nicht so eine Riesenhöhle wie bei der Rapid-Limousine.
Egger: Deren Kofferraum ist der neue Maßstab im Segment. Wir hatten es ja selbst nicht geglaubt, aber in den gehen anstandslos vier große Koffer rein, die wir uns dafür eigens besorgt haben.
AKB: Weil Sie sagen „anstandslos“: Deutsche Fachblätter haben sich in ersten Fahrberichten über die Federung im Rapid beklagt. Zumindest in jenem Exemplar, mit dem ich unterwegs war, habe ich die Abstimmung nicht als übertrieben steif, sondern durchaus homogen empfunden.
Egger: Das waren noch Vorserien-Autos, bei denen Journalisten die zu straffe Federung bemängelt haben. Mittlerweile wurde das geändert. Sie sind bereits ein Modell mit neuer Abstimmung gefahren.
AKB: Das entspricht dann wohl auch der erwünschten Rollenverteilung zwischen dem Rapid und dem baugleichen Toledo, nachdem man Seat den sportlichen Part verordnet hat.
Egger: Die Seat-Leute haben da beim Toledo auch nichts adaptiert. Die belassen es beim sportlichen Fahrwerk. Es kommt’s ja auch aufs individuelle Feeling an. Der eine liebt es eher sportlich, der andere eher komfortabel. (Siehe Fotos 20 und 21)
Der stylige Spaceback soll sich zwei- bis dreimal so gut verkaufen wie der Rapid
AKB: Welche Markt-Erwartungen haben Sie für den Rapid in Österreich, notabene nach dem bisher so positiven Feedback?
Egger: Das Feedback ist tatsächlich noch besser, als wir erhofft haben. Wir kriegen im nächsten Jahr 800 Autos. Im ersten Produktionsjahr gibt’s eben nicht mehr, weil die flache Anlaufkurve…
AKB: Trotzdem. Nur 800 Rapid für das gesamte Jahr 2013?
Egger: Ab Herbst, wahrscheinlich Oktober, kommt ja noch die Spaceback-Variante dazu. Wobei wir davon ausgehen, dass wir vom Spaceback künftig zwei- bis dreimal so viel absetzen werden wie von der Coupé-Limousine.
AKB: Coupé-Limousine?
Egger: Ich hasse das Wort Limousine für den Rapid mit seiner großen Heckklappe. Wir haben ja auch den Octavia nie Limousine genannt. Das Modell mit dem großen Schrägheck heißt einfach nur Octavia und das andere Octavia Combi.
AKB: Okay. Aber noch mal zu den möglichen Rapid-Stückzahlen. Herrscht da vielleicht eine gewisse Skepsis, weil die Coupé-Limousine ja doch wie ein – sorry – Stufenheck ausschaut und deshalb in der Kompakt-Klasse nicht so gut angenommen werden könnte?
Egger: Das kommt darauf an. Der Rapid ist für mich von den Abmessungen her der logische Nachfolger des ersten Octavia. Und dessen Potenzial haben wir seinerzeit – trotz sorgfältiger Markt-Analysen – total unterschätzt. Einfach deshalb, weil der Octavia dank seiner großen Heckklappe und des voluminösen Laderaums nicht als klassische Limousine wahrgenommen wurde. Sollte das auch beim Rapid gelingen, dann werden wir für das Auto sehr viele Kombi-Fahrer gewinnen und deutlich über tausend Stück im Jahr verkaufen. Aber prinzipiell ist man mit 800 Stück in diesem Segment gut dabei.
AKB: Zumal man auch von der Produktions-Kapazität abhängig ist.
Egger: Natürlich. Denn ob das Werk eine zweite Schicht fährt, also zum Beispiel von 80.000 auf 160.000 Stück, hängt klarerweise nicht allein vom kleinen Markt in Österreich ab. Wobei uns gewisse Umstände auch zugute kommen können: Heuer kämpften wir ja mit Liefer-Problemen bei Allrad-Modellen und auch beim Fabia, weil der Hersteller wegen der unsicheren Situation auf dem europäischen Markt keine zusätzliche Produktion auflegen wollte. Womit er ja auch Recht hatte, nachdem das zweite Halbjahr in weiten Teilen Europas deutlich nachgelassen hat. Aber davon hat dann Skoda in Österreich profitiert, weil wir alle Fahrzeuge, mit denen wir erst 2013 gerechnet haben, noch 2012 geliefert bekamen.
AKB: Von Kontingenten, die ursprünglich für andere Länder bestimmt waren.
Egger: Genau.
AKB: Wird der Rapid Ihrer Meinung nach dem neuen, größeren Octavia potenzielle Käufer abknöpfen?
Egger: Die extrem preissensiblen Käufer werden wir diesbezüglich wahrscheinlich spüren. Allerdings punktet der neue Octavia nicht allein durch Raumgewinn, sondern auch durch seine sehr hochwertige Anmutung. Das merkt man sofort, wenn man in dem Auto Platz genommen hat.
AKB: Apropos: Nach meiner Rapid-Probefahrt habe ich notiert, dass ich auch die Kritik an der Material-Anmutung im Cockpit-Bereich nicht so ganz nachvollziehen kann. Ich beziehe mich da wieder auf erste Beurteilungen in deutschen Fachmagazinen, die offenbar strengere Maßstäbe anlegen. Denn Nachbesserungen wie beim Fahrwerk werden ja in so kurzer Zeit kaum möglich gewesen sein?
Egger: Doch! Die Anmutung der Material-Oberflächen wurde ebenfalls optimiert. Solche Anpassungen kann man mittlerweile relativ problemlos bewerkstelligen. Ich weiß jetzt nicht genau, ob die Maserung der Struktur verändert wurde oder die Härte des Kunststoffes, aber auf jeden Fall ist die Haptik eine bessere als zuvor.
AKB: Drängt sich die Frage auf: Warum nicht gleich so?
Egger: Das ist auch immer eine Frage der Abwägung. Schließlich ist es ebenso wichtig, zwischen den Klassen, also in dem Fall zwischen Octavia und Rapid, einen gewissen Unterschied spür- und fühlbar zu machen. Da muss man beides in Einklang bringen.
AKB: Den wahren Unterschied spürt und fühlt man wohl eher beim Raumangebot.
Egger: Auch, natürlich. Wobei die Positionierung des gewachsenen Octavia besonders gelungen ist, weil er mit seinem Raumangebot genau zwischen Rapid und Superb passt. Eigentlich sogar näher am Superb.
AKB: Womit wiederum der Octavia dem Superb gefährlich werden kann.
Egger: Dann sollten Sie mich fragen, wie viel Platz der nächste Superb haben wird.
AKB: Wenn Sie das so freimütig anbieten, sage ich sicher nicht nein.
Egger: Der ganz neue Superb wird in der Breite noch etwas mehr Platz bieten. Aber das ist vorerst Zukunftsmusik.
Website des Importeurs: www.skoda.at
Stand: Dezember 2012