Einst wollte Michael Spindelegger die Wirtschaft „entfesseln“. Doch was beim Ex-Vizekanzler nicht über den Vorsatz hinauskam, ist SP-Verkehrsminister Alois Stöger – wenn auch unfreiwillig – umso besser gelungen. Und zwar bei Importeur-Sprecher Felix Clary, den er auf der Vienna Autoshow zu einer Brandrede provozierte, die man nicht alle Tage hört. Lesen Sie exklusiv, wie ein entfesselter Felix Clary „seinem“ Minister die Meinung gegeigt hat.
Es hat gefunkelt und geglitzert. Ganz so, wie es sich für eine Vienna Autoshow auch gehört. Aber die Branche hat zwei Gesichter. Das eine zeigt immer seltener beim Produkt Emotionen, das andere immer öfter beim Preis. Stehen beim Autohändler nicht gerade Nobelhobel mit Stern oder Ringen, wird das Verkaufs-Gespräch mit dem Kunden praktisch durchgehend vom „profanen“ Thema Kosten beherrscht.
Genau dieses Thema stand zum VAS-Auftakt auch im Mittelpunkt jener Debatte, die von Importeur-Sprecher Dr. Felix Clary – im Umfeld von Verkehrsminister Alois Stöger, Kfz-Handelsobmann Burkhard Ernst, Dr. Peter Laimer von der Statistik Austria und Reed Messe Wien-Chef DI Matthias Limbeck – so leidenschaftlich geführt worden ist. Hier allerdings mit dem Fokus auf weitere Steuern, die der Bund abermals der Melkkuh der Nation umhängen will. Um jedoch zu verstehen, welche Gratwanderung die staatlich legalisierten Taschlzieher mittlerweile vollziehen, lassen wir vorerst Ing. Friedrich Sommer, Presse-Sprecher von Mitsubishi Österreich, zu Wort kommen:
„Bei unseren Kleinwagen-Kunden“, so Sommer, „entwickelt sich immer stärker der Trend, ein kategorisches Preis-Limit von 10.000 Euro zu setzen. So handhaben es Pensionisten oder auch alleinerziehende Mütter, die den Verkäufern erklären, dass sie maximal über diese Summe verfügten und dafür ihr Auto nach Wunsch haben möchten. Dieser Betrag ist für viele Neuwagen-Käufer quasi die magische Grenze geworden. Kann man dafür kein ordentlich ausgestattetes Auto anbieten, hat man bei diesen Kunden auch keine Chance. Ein Kaufverhalten, mit dem wir auf der Senioren-Messe, wo Mitsubishi regelmäßig vertreten ist, ebenfalls verstärkt konfrontiert worden sind.“
Nach demselben Prinzip, weiß Sommer, würden Kunden auch eine Preisklasse darüber immer öfter verfahren: „Das beste Beispiel dafür ist das erfolgreiche Segment der kleinen SUV, wo wir mit dem ASX sowohl einen Benziner als auch einen Diesel mit Frontantrieb haben. Preislich bewegen sich die beiden Versionen – sogar ohne den aktuellen Winter-Bonus – knapp unter 19.000 bzw. 20.000 Euro. Könnten wir diesen Einstiegstarif nicht offerieren, müssten wir auf eine wachsende Klientel verzichten, die sich 20.000 Euro als strikte Preis-Grenze setzt.“
Immerhin zählt Mitsubishi in Österreich (Denzel Autoimport) zu den wenigen Marken mit noch nennenswertem Markt-Anteil, die 2014 ein Pkw-Zulassungsplus zu erzielen vermochten. Mit einem Zuwachs von knapp sieben Prozent liegt man zwar unter dem bis Ende November ermittelten Wert, „aber auf den Sprint im Dezember sind wir nicht so fokussiert wie mancher Mitbewerb, weil das Geschäftsjahr für den japanischen Hersteller bis Ende März dauert“, sagt Sommer. Doch das nur nebenbei.
Mit Steuer-Erhöhungen schneidet sich „unsere“ Regierung ins eigene Fleisch
Das Ringen um – vorwiegend private – Käufer, die man mit Preiszuckerln ködern muss, die wirtschaftlich kaum noch vertretbar sind, gehört im Auto-Handel ja längst zum Tages-„Geschäft“. Nicht nur der ARBÖ fordert daher wieder eine Abwrack-Prämie und vor allem – sinngemäß – mehr Hirnschmalz von der Bundes-Regierung, die schon durch die vorjährigen Steuer-Erhöhungen dem Fiskus keine Einnahmen gebracht, sondern real entzogen hat. Und trotzdem will man diesen Titanic-Kurs beibehalten (Stichwort: private Dienstwagen-Nutzung), von dem jeder mit einem Anflug von Hausverstand weiß, dass ihn die Konsumenten ein weiteres Mal „honorieren“ werden.
Günther Kerle bringt’s auf den Punkt: „Für uns gestaltet sich zunehmend unser kompliziertes Steuer-System in Österreich zu einem Problem“, erklärt der Mazda Austria-Chef im Wirtschaftsportal medianet. „Alle zwei Jahre kommen hier neue Regelungen, die Industrie wie Konsumenten vor eine neue Situation stellen. Hier brauchen wir mehr Planungs-Sicherheit! Es kann nicht sein, dass ein und dasselbe Auto von einem Jahr auf das nächste im Betrieb plötzlich viel teurer wird, weil sich die gesetzlichen Rahmen-Bedingungen ändern. Hier erwarten wir uns klarere Regelungen, die dann auch über mehrere Jahre hinweg Bestand haben.“
Doch inwieweit – und diese Frage stellt sich mit aller Ernsthaftigkeit – kann man von einem erst vor wenigen Monaten inthronisierten Verkehrs-Minister Situations-Verständnis erwarten, der am Pre-Opening-Tag der VAS vor zahlreichen Branchen-Insidern und Presse-Vertretern eine derart klägliche Vorstellung lieferte? Um zu dokumentieren, welch hilflosen Zugang Alois Stöger zum Thema Auto hat, veröffentlicht Auto-Kaufberatung.at als einziges Medium einige wortwörtliche Passagen aus dessen Einstandsrede. Ein „Wagnis“, das wir freilich nur deshalb eingehen, um all jenen die Augen zu öffnen, die noch davon ausgehen, dass eine Minister-Bestellung tatsächlich nach Kompetenz-Kriterien erfolgt…
Stöger auf der VAS 2015: „Das Auto als ein Element der Fortbewegung ist etwas, was uns auch zueinander verbindet. Nämlich Menschen mit ihrem Arbeitsplatz, Menschen, die Mobilität haben wollen. Das ist ein wichtiger Beitrag, den wir insgesamt brauchen. (…) Wir schaffen Netzwerke, das Netzwerk Straße, mit dem wir die Grundlagen dafür liefern, dass Auto-Verkehr, dass das Auto auch den entsprechenden Platz, den entsprechenden Raum und die richtige Möglichkeit hat. (…) Gerade im Bereich des Autos, des Verkehrs haben große Innovationen auch stattgefunden, wo wir uns auch weiterentwickelt haben, wo rund ums Auto neue Techniken, neue Dinge auch entstanden sind. Und es sind auch neue Formen entstanden, wie kann man das Auto – ich sag’ jetzt – zukunftssicher machen. (…) Es geht auch darum, wie können wir mit Stau umgehen, wie können wir Fahrbahn-Beschaffenheit machen, alles in diese Richtung ist sehr wichtig. (…) Ich möchte auch darauf hinweisen, dass sich im Bereich der I-Mobilität (sic!) einiges abspielt, dass sehr viele Fahrzeuge bereits mit Strom funktionieren. Auch das ist etwas Spannendes. (…) Ich bedanke mich ausdrücklich für das Engagement in die Richtung, leistbare und akzeptable elektrische Autos auch zu entwickeln und hier Engagement zu setzen. Ich lade Sie ein, auch in Zukunft so innovativ zu sein, und wünsche allen Besucherinnen und Besuchern ganz spannende Messe-Eindrücke. Und was ich schon gesehen habe – na, das schaut ja gut aus.“
Das absolute „Highlight“ von Alois Stöger war allerdings dessen Behauptung, wonach er Österreichs 1.733 Ladestationen für Elektro-Autos für „eine durchaus stattliche Zahl“ halte! Worauf Felix Clary, sichtlich um Contenance bemüht, nur süffisant meinte: „Ich glaube, was die Ladestationen angeht, erscheint die Anzahl vielleicht ,stattlich’, aber bei weitem nicht ausreichend, lieber Herr Minister.“
Bloß so nebenbei: Strom oder Wasserstoff? Das ist noch immer die Frage!
Kurze Anmerkung dazu: Einer EU-Studie zufolge sollen in Österreich „12.000 bis 15.000 Strom-Tankstellen“ erforderlich sein, um der E-Mobilität irgendwann einmal zum Durchbruch zu verhelfen – ungeachtet aller aktuellen Probleme wie Reichweite, Anschaffungs-Kosten etc. und natürlich der damit verbundenen, hier zu Lande halbherzigen Förderungs-Politik. Dass im Endeffekt womöglich Brennstoffzellen-Autos à la Hyundai ix35 FCEV die Zukunft gehört, darauf gehen wir lieber erst gar nicht näher ein.
Apropos EU: „Auf der einen Seite sagt die europäische Kommission, dass wir was tun müssen für die Auto-Industrie, und auf der anderen Seite agiert Österreich mit seiner Steuer-Politik klar dagegen“, donnerte Clary in Richtung Stöger. Und weiter: „Das ist keine stringente Politik, das ist eine falsche Politik, die nicht funktionieren kann! Und ich kann nur betonen: Den Wohlstand, den wir weiter gesichert haben wollen, der soziale Frieden und sichere Arbeitsplätze führen nur über eine funktionierende Wirtschaft und eine funktionierende Auto-Branche. Wenn wir das nicht beherzigen, sondern mit vordergründig ökologischen Argumenten diskutieren, dann geraten wir ins Abseits. Ich kann nur davor warnen, weiterhin so zu verfahren.“
Damit dieser Online-Beitrag „vordergründig“ nicht zu umfangreich gerät, haben wir den nahezu kompletten verbalen Schlagabtausch zwischen Clary und Burkhard Ernst auf der einen sowie Stöger auf der anderen Seite „hintergründig“ angelegt: Im Beiblatt lesen Sie ihn exklusiv. Doch eine Bemerkung Stögers auf der Vienna Autoshow sei auch hier noch verewigt: „Ich habe zwar alle Argumente gehört, die in Sachen Steuer-Erhöhung vorgebracht wurden, aber da wissen Sie scheinbar mehr als ich…“
Auch Messe-Presseleiter Mag. Paul Hammerl hatte Clarys Argumente vernommen, „die er mit gut dosierter Emotion vorgetragen hat. Doktor Clarys Rede hat mich beeindruckt. Er war extrem authentisch, weil er für die Sache so eingetreten ist.“ Was den Erfolg der Vienna Autoshow betrifft, zeigte sich Hammerl bereits vor dem ersten Publikumstag optimistisch. Wie das? „Ein sehr aussagekräftiger Indikator darüber, wie es im Vorfeld um das Interesse an einer Messe bestellt ist, ist der Online-Verkauf. Und hier liegt die Autoshow gegenüber dem Vorjahr ganz klar im Plus.“ Zwar steige der Ticket-Verkauf übers Internet bei der VAS ohnehin von Jahr zu Jahr an. „Aber uns wurde damit signalisiert, dass wir mit keinem Einbruch der Besucher-Zahlen rechnen müssen.“ Und so war es ja Gott sei Dank auch.
Und wie hat sich das Medien-Interesse an der VAS entwickelt? Hammerl: „Der Zulauf ist nach wie vor steigend. Auch über unsere Landes-Grenzen hinaus, wobei hier vor allem Ungarn und Tschechien zu nennen sind. Aber auch aus der Slowakei nehmen die Anfragen wieder zu, ebenso aus Slowenien. Insgesamt hat dieser erfreuliche Trend natürlich auch mit Veränderungen in der Medien-Landschaft zu tun, weil es gerade im Online-Bereich“, grinst Hammerl sein vis à vis an, „immer mehr One-Man-Shows gibt.“
Die Crux dabei, so der Pressechef: „Für uns ist diese Entwicklung mit zunehmend erhöhtem Recherche-Aufwand verbunden, weil bei jeder einzelnen Anfrage geprüft wird, wer oder was dahinter steckt. Allein für die heurige Autoshow haben wir mindestens 600 Akkreditierungs-Ansuchen abgelehnt, wovon gut 85 Prozent aus Österreich stammten. Einfach deshalb, weil wir die Qualität der Messe in jeder Beziehung aufrecht halten wollen und müssen. Wobei das wachsende Interesse nicht allein aufs Auto an sich zurückzuführen ist, sondern auf alles rund ums Auto, wie ganz aktuell zum Beispiel die Steuer-Diskussion.“
Ferien oder Autos? „Die Vienna Autoshow ist fraglos die stärkere Lokomotive“
Nächste Frage: Wie deutlich schlägt im Vergleich mit der parallel laufenden Ferien-Messe das Pendel zu Gunsten der VAS aus? Hammerl: „Mittlerweile hat sich das Publikums-Interesse zu Gunsten der Autoshow gedreht. Bei deren Start 2004 war die Ferien-Messe ja schon lang eine etablierte Marke mit einer ordentlichen Zugkraft, die sich in rund 80.000 Besuchern widergespiegelt hat. Beide Messen gemeinsam haben anfangs ein Besucher-Aufkommen von rund 120.000 Personen erzielt, ergo hat die Autoshow damals einen Zuwachs von rund 40.000 Besuchern bewirkt. Heute ist die Autoshow fraglos die stärkere Lokomotive, sodass von den aktuell 150.000 Besuchern definitiv mehr als die Hälfte primär wegen der Auto-Neuheiten kommt. Der immense Vorteil der Autoshow ist freilich, dass sie im Gegensatz zu fast jeder anderen Messe, die wir veranstalten, praktisch alle Alters-Gruppen anspricht. Wodurch das Besucher-Potenzial ungleich größer ist – dessen Schwankungsbreite allerdings auch.“
Zu guter Letzt streut Paul Hammerl den Auto-Importeuren noch eine ganze Wagen-Ladung Rosen: „Bei unseren Messen arbeiten wir mit dem Marketing von zirka 40 Branchen eng zusammen. Und hier gehört die Auto-Branche mit Sicherheit zu den aktivsten und professionellsten!“ Ordentlich Respekt, gesteht Hammerl, habe ihm auch der mörderische Aufwand abgerungen, „den die VW-Gruppe für die AUTO 2011 betrieben hat, indem man 200.000 Einladungen dazu verschickte. Dieser Auftritt war ja der Auslöser dafür, dass man bei der Autoshow – mit Unterstützung von Mercedes-Benz Österreich – vom Zweijahres- wieder zurück auf den Einjahres-Rhythmus wechselte.“
Und wir wechseln zu den Auto-News und damit zur Foto-Galerie. Zuvor aber noch zu einer Mitteilung von Volkswagen, die in unserer Redaktion erst vor wenigen Stunden eingetroffen ist – direkt aus Deutschland, daher bitte noch mit Vorbehalt lesen: Die vierte Generation des VW Caddy steht in den Startlöchern.