Der europäische Autohandel befindet sich nach wie vor im Abwärtstrend. Nach dem Katastrophen-Jahr 2012 konnte sich der Markt auch 2013 nicht wesentlich erholen. Österreich bildet hierbei keine Ausnahme: Mit einem erneuten Absatz-Rückgang von rund sechs Prozent stehen die hiesigen Händler auch weiterhin unter Druck. Die Lösung könnte in der Umsetzung neuer Strategien und Konzepte liegen. Ein Gast-Beitrag von Henrik Lode aus Berlin.
Die Schuldenkrise macht auch vor der Fahrzeug-Branche nicht halt. Den absoluten Tiefpunkt des Abwärtstrends verzeichnete der europäische Autohandel 2012, als ein Zulassungs-Rückgang von 8,2 Prozent dem Kfz-Markt das absatzschwächste Geschäftsjahr seit 17 Jahren bescherte. Zwar betraf diese Entwicklung vor allem die südeuropäischen Krisenstaaten, zahlreiche Händler kämpfen seither jedoch auch in stabileren Ländern wie Österreich oder Deutschland um ihre Existenz.
4,7 Prozent betrug 2012 der österreichische Rückgang der Kfz-Neuzulassungen im Vergleich zum Jahr davor. 2013 sind es nach ersten Hochrechnungen der Statistik Austria sogar rund sechs Prozent. Auch in Zukunft könnte sich dieser Trend fortsetzen. Obwohl sich der aktuelle Pkw-Markt wieder in einem leichten Aufschwung befindet, ist keine Entwarnung in Sicht. Denn die Zahl der potenziellen Autokäufer wird in den kommenden Jahren stark zurückgehen.
1,5 Millionen weniger Autokäufer bis 2020
Der demografische Wandel sorgt seit Jahren dafür, dass immer weniger Menschen für den Kauf eines eigenen Pkw infrage kommen. Um rund 1,5 Millionen wird beispielsweise die Zahl der potenziellen Autokäufer in Deutschland bis 2020 abnehmen, wie das IT-Beratungs-Unternehmen NTT Data und die Wirtschafts-Prüfungsgesellschaft PwC in einer aktuellen Studie mitteilen. (Anm. d. Red.: Siehe dazu auch das Statement von Allmobil-Chef Wolfgang Wurm im letzten Drittel des Interviews.)
Neben der alternden Bevölkerung tragen auch die zunehmende Landflucht und die steigende Zahl an Single-Haushalten zu dieser Entwicklung bei. „Wer in der Stadt lebt und allein wohnt, braucht seltener ein Auto“, erläutert Dr. Rainer Mehl, Leiter von NTT Data Automotive, die Ergebnisse der Studie. „Die Urbanisierung lässt allerdings die Nachfrage nach Kleinwagen und alternativen Mobilitäts-Konzepten steigen.“
So könnte ein Weg aus der Krise in der Erschließung neuer Marktnischen und breiterer Angebots-Konzepte liegen. Denn die Kunden-Bedürfnisse verlagern sich zunehmend. Nicht mehr das Verkehrsmittel in Form des eigenen Fahrzeugs steht im Vordergrund, vielmehr gilt es, effektive Mobilitäts-Lösungen zu finden, um auch im heutigen Verkehrsinfarkt urbaner Ballungsräume schnell und sicher ans Ziel zu kommen.
Mobilitäts-Dienstleistungen stehen im Fokus
„2013 und 2014 werden schwere Jahre“, kommentierte der deutsche Automobil-Papst und Universitäts-Professor Ferdinand Dudenhöffer die aktuelle Krise. „Der schnelle Aufschwung aus der Krise ist bis jetzt nicht sichtbar. Die europäische Autoindustrie – insbesondere Südeuropa – steht vor ihrer größten Belastungsprobe seit dem zweiten Weltkrieg.“ Insbesondere die Zulieferer werden laut Dudenhöffer hiervon betroffen sein.
Ein Ausweg aus diesem Dilemma könnte in der Umsetzung neuer Absatz-Strategien liegen. Dabei verlagert sich der Fokus auch im Neuwagen-Geschäft zunehmend auf ganzheitliche Mobilitäts-Dienstleistungen und onlinetaugliche Service-Angebote. Vor allem den steigenden Anteil an Flottenkunden könnten sich Hersteller und Händler zunutze machen. So lassen sich beispielsweise Carsharing-Fahrzeuge nicht nur online finden, buchen und bezahlen, verschiedene Anbieter ermöglichen es inzwischen auch, Service-Leistungen wie die Kontrolle der Akkustände oder das Vorheizen des Innenraums via Smartphone in Anspruch zu nehmen.
Auch im Neuwagen-Segment wird sich das Internet schon bald vom reinen Informations-Medium zum führenden Marktplatz entwickeln. Laut einer VuMa-Studie (Verbrauchs- und Medien-Analysen für elektronische Medien) nutzen schon jetzt mehr als fünf Prozent der Deutschen das Internet, um Neuwagen oder Kfz-Zubehör zu finden und online zu bestellen. Wer hier als Autohändler seine Fahrzeuge auch in einem virtuellen Showroom zur Verfügung stellt und seinen Kunden online sämtliche Beratungs- und Dienstleistungswege personalisiert zur Verfügung stellt, erwirbt sich im rasant wachsenden Internet-Geschäft einen klaren Wettbewerbs-Vorteil.
Rund 40 Prozent beträgt das jährliche E-Commerce-Wachstum laut IFH (Institut für Handelsforschung) in Österreich, um mehr als 300 Prozent stieg der hiesige Online-Absatz in den letzten fünf Jahren. Nach etablierten Web-Branchen wie dem Buch-, Bekleidungs- oder Reise-Segment ist es dabei nur eine Frage der Zeit, bis auch die Autobranche den Internet-Handel endgültig erobern wird. (Anm. d. Red.: Siehe dazu auch den Beitrag über die jüngste KPMG-Studie.)