Hyundai bläst mit dem Mittelklasse-Kombi i40 zum Angriff auf die etablierte Konkurrenz. Die Raffinesse des Newcomers verbirgt sich hinter seinem untadeligen Lifestyle-Design. Es wird nämlich nicht auf Kosten des Raumangebots erkauft: Für Fondpassagiere hält der in Deutschland entwickelte Koreaner nahezu fürstliche Platzverhältnisse parat. Apropos „deutsch“: Das i40-Cockpit ist ein Paradebeispiel für Bedienungslogik.
Als die meisten mit dem Begriff „Globalisierung“ noch so gar nichts anfangen konnten, hat man diese in der Autobranche bereits zu spüren bekommen: vor 40 Jahren, als die „Reisschüsseln“ aus Fernost in unseren Breitengraden ebenso belächelt wurden wie deren Importeure. Doch die seinerzeit technisch simplen japanischen Autos haben mit Komplett-Ausstattung gepunktet – und mit einer Zuverlässigkeit, die bis heute viele europäische Mitbewerber in den Schatten stellt.
Datenblatt | |
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Motor | 16V-R4-Turbodiesel, 1.685 ccm, Partikelfilter, Euro 5 |
Leistung | 100 kW/136 PS bei 4.000/min |
Spitze | 200 km/h |
Testverbrauch | 6,3 l/100 km |
Normverbrauch | 5,1 l/100 km |
CO2 | 134 g/km |
L/B/H | 4.770/1.815/1.470 mm |
Leergewicht | 1.648 kg |
Gesamtgewicht | 2.120 kg |
Preis | EUR 29.990,- inkl. 6% NoVA und 20% MwSt. (Ausstattung „Premium“) |
Stand: April 2012 |
Mit den automobilen Erzeugnissen aus Südkorea ist es im Grunde nicht viel anders verlaufen – allerdings im Zeitraffer, wenn man sich die rasante Entwicklung der vergangenen zehn Jahre anschaut. Koreas Aushängeschild Hyundai verkauft anno 2012 schlicht und ergreifend Spitzenprodukte!
Die Asiaten lernen also schnell. Manche Europäer mittlerweile auch. Nämlich jene, die hinter verschlossenen Türen die Kontakte zu China intensivieren. Heute sind chinesische Automobile auf dem europäischen Kontinent noch so gut wie unverkäuflich. Morgen werden sich Importeure mit Weitblick auf der Gewinnerstraße befinden. Als Indikator dafür genügt es, das Crashverhalten mancher China-Modelle zu verfolgen: Noch vor zwei Jahren zerknickten sie nach EuroNCAP-Standards wie Soletti-Stangerln, jetzt erzielen sie schon vier Sterne: MG6 und Geely Emgrand EC7.
Zurück zu den Koreanern und unserem Testkandidaten: Seit wenigen Wochen ist der Hyundai i40 nicht nur als Kombi, sondern auch als Limousine erhältlich. (Jedenfalls offiziell, weil sich Verfügbarkeit und Nachfrage noch nicht ganz die Waage halten. So viel zum Händlerthema „lachendes und weinendes Auge“.) Doch das Sahnestück ist ohnehin das Modell mit der großen Heckklappe. Wie so oft in der Mittelklasse, wo fesche Allrounder ihr Stufenheck-Pendant ausstechen.
Der elegante i40 Kombi ist da keine Ausnahme. Seine schräge Heckpartie verschenkt zwar ein bisserl Stauraum, trotzdem gehört er in seinem Segment zu den Lademeistern (maximal 1.719 Liter). Vom beispielhaften Platzangebot für die Fondinsassen gar nicht zu reden: Der Koreaner offeriert selbst groß gewachsenen Europäern üppige Bewegungsfreiheit.
Nicht nur aus diesem Grund betont man bei Hyundai, dass der i40 im deutschen Rüsselsheim kreiert worden ist. Zumal sein Blechkleid noch andere Qualitäten parat hält: Mit dem EuroCarBody Award 2011 wurde ihm die weltweit höchste Auszeichnung im Karosseriebau verliehen. Und was ihm nach Meinung von Auto-Kaufberatung.at noch verliehen werden sollte: ein Preis fürs funktionalste Cockpit-Design. Im i40 ist der viel strapazierte Begriff „intuitive Bedienung“ tatsächlich berechtigt.
Freilich weiß der große Koreaner auch im Fahrbetrieb zu gefallen. Als mustergültiger Fronttriebler fährt er wie am Schnürl gezogen geradeaus und sicher untersteuernd durch Kurven. Wobei die beim Rangieren angenehm leichtgängige Lenkung bei Überland-Tempo eine Spur verbindlicher agieren könnte. Aber das ist schon Jammern auf hohem Niveau.
Ergo entdeckt man im Vergleich zu den besten Mitbewerbern beim Hyundai nur wenig Optimierungspotenzial: etwa beim Ansprechverhalten der Federung, die für groben Untergrund noch etwas Feinschliff vertrüge. Und zumindest im Testexemplar war nicht immer klar zu definieren, ob sich die gut abgestufte Sechsgang-Schaltung eher knackig oder hakelig anfühlt.
Warum wir „zumindest“ schreiben? In zwei weiteren i40-Modellen, die uns zwischenzeitlich kurz zur Verfügung standen, flutschte der Schalthebel wie von selbst durch die Gänge – ähnlich wie das sprichwörtliche heiße Messer durch die Butter. Auch an der Verarbeitung, deren Präzision uns im Testexemplar nicht bis ins Detail überzeugt hat (siehe dazu die Foto-Galerie), gab es in den anderen Fahrzeugen nichts zu beanstanden. Offenbar hatten wir mit „unserem“ i40 eine Art Frühgeburt erwischt.
Gut im Griff hat den recht schwergewichtigen Kombi der kleine Turbodiesel mit knapp 1,7 Liter Hubraum. Nach einer kaum merklichen Anfahrschwäche unter 2.000 Touren zieht der 136 PS starke Selbstzünder ordentlich durch – jedenfalls besser, als es dank der guten Geräuschdämmung subjektiv empfunden wird.
Objektiv erfreulich: der bescheidene Testverbrauch von 6,3 l/100 km. Der könnte mithilfe des Start-Stopp-Systems zwar noch etwas bescheidener sein. Doch das gibt’s zum Aufpreis von 390 Euro wahlweise nur beim zarter bereiften Basis-Modell „Europe“. Die höherwertigen i40-Varianten „Premium“ und „Style“ müssen ohne auskommen.
Alles andere als bescheiden ist hingegen die opulente Komfort- und Sicherheits-Ausstattung der „Premium“-Version – bis hin zum beheizbaren Ledervolant! Und das zu einem Preis von weniger als 30.000 Euro inklusive Fünfjahres-Garantie.
Laut Statistik Austria kann der Hyundai i40 daher schon beachtliche Verkaufserfolge vorweisen: Im März 2012 wurden hier zu Lande 142 Stück zugelassen, wobei es sich praktisch nur um Kombi-Modelle handelt. Zum Vergleich: Vom „Erzrivalen“ VW Passat wurden als Variant wie auch Limousine im gleichen Zeitraum 503 Neuwagen verkauft. Weitaus mehr, keine Frage. Trotzdem: So nah sind die Koreaner dem deutschen Maßstab in dieser Klasse noch nie gekommen.
SENIOREN SPECIAL (Erklärung siehe Rubrik „Über uns“)
Unseren 74-jährigen Co-Tester regt der Hyundai i40 erst mal zu einem Rückblick auf seine automobile Vergangenheit an: „Ich bin in meinem Leben sicher schon hinterm Steuer von tausend Fahrzeugen gesessen. Und bis vor 20, 30 Jahren waren gewisse Streuungen in der Fabrikation nicht außergewöhnlich. Aber jetzt wieder? Die unterschiedliche Schaltbarkeit des Getriebes im Testauto und in den beiden anderen i40 hat mich jedenfalls gewundert – und ein wenig geärgert. Denn ohne den Vergleich hätte man ein falsches Bild von der Qualität der Schaltbox bekommen… Bei unserem nächsten Testwagen gibt’s ja auch solche Diskrepanzen.“ Aber wir wollen nicht vorgreifen.
„Was Ihr in Eurem Bericht nicht erwähnt habt“, rügt der Senior diesmal die Redaktion, „sind die überraschend guten Sitze des Hyundai. Dass ich nach 200 Kilometern ohne Kreuzschmerzen ausgestiegen bin, ist dafür ein klares Indiz. Toll find’ ich auch die Option, die Vordersitze zu belüften. Aber nachdem das nur im Paket um fast 2.000 Euro angeboten wird, wäre mir dieser Spaß einfach zu teuer. Außerdem sieht man davon keinen Cent mehr beim Wiederverkauf.“
Andere Optionen für die „Premium“-Ausstattung würde der Senior-Tester „ohne lange zu überlegen dazukaufen. Vor allem die im Innenspiegel integrierte Rückfahr-Kamera, die Xenon-Scheinwerfer samt Reinigungsanlage, die Reifendruck-Kontrolle sowie das Fixiersystem für den Laderaum. Und was die kalte Jahreszeit betrifft, sind sowieso alle Komfort-Highlights an Bord: die Sitzheizung für vorn und hinten sowie das beheizte Leder-Lenkrad, das es mir besonders angetan hat. Wobei die Heizleistung in dem i40 Diesel ohnehin erstklassig ist. Kein Bibbern wie in einem TDI – aber die Bemerkung streicht Ihr sicher heraus.“ Streichen wir nicht.
Was wir ebenfalls nicht streichen: „Ein bisserl lehnen sich die Hyundai-Armaturen an das Ford-Design an. Mit dem feinen Unterschied, dass der Arbeitsplatz im i40 auch aufgeräumt ist. Ein ebenso funktionelles wie formschönes Cockpit. Da stimme ich mit Eurer Bewertung absolut überein – und nehm’ sogar die melodiöse Begrüßung und Verabschiedung in dem Auto in Kauf. Ohne solche Effekte geht’s ja heute offenbar nicht mehr.“
Und wie fährt sich der i40 1.7 CRDi? „Problemlos. Auch die Fahrleistungen sind okay. Wengleich mich die Kombination von wenig Hubraum und viel Drehmoment (Anm.: 330 Nm ab 2.000/min) nicht so vollends überzeugt. Die Elastizität der Maschine ist nicht schlecht, aber beim Lossprinten fehlt mir etwas Punch. Das Auto hätte sich für mein Dafürhalten einen noch stärkeren Diesel verdient. Aber mir ist schon klar, dass hier die Nachfrage das Angebot regelt. Die meisten i40-Käufer dürften an einem Selbstzünder mit mehr als 140 PS kaum Interesse haben.“
Fazit: „Ich will nicht immer als der Nörgler vom Dienst dastehen, aber die vielen Pluspunkte wie vor allem das großzügige Raumangebot wurden ja schon hervorgehoben. Vom hervorragenden Preis-Ausstattungs-Verhältnis gar nicht zu reden. Der Hyundai i40 Kombi ist uneingeschränkt zu empfehlen. Und ich gehe schwer davon aus, dass dieses Urteil niemanden überraschen wird.“
Da sind wir uns ja wieder einig.
Website des Importeurs: www.hyundai.at