Gleich vorweg: Die Angelegenheit ist in eigener Sache. Womöglich noch abtörnend für Leser aus den Bundesländern: Es betrifft den „Wasserkopf Wien“. Trotzdem: Wer erfahren will, wie hier zu Lande das Autofahren (besser gesagt: das Autoparken) verleidet werden kann, wird nicht enttäuscht. Thema: Parkraum-Bewirtschaftung. Unsere grundsätzliche Meinung dazu: in manchen Bezirksteilen unvermeidbar – nur leider nicht zu Ende gedacht! Reaktionen siehe NACHTRAG.
Das Positive voran: Wiens so genanntes Parkpickerl wird billiger. Ab Herbst werden die Jahreskosten von 135 auf 120 Euro gesenkt. Und auch der Tarif für die Verwaltungsabgabe wird von 58,99 auf 50 Euro reduziert, bei Abwicklung übers Internet sogar auf 45 Euro. Weshalb das Parkpickerl (im Amtsdeutsch: Parkraum-Bewirtschaftung) eingeführt wurde, kann man auf einen einfachen Nenner bringen: Um Anrainern in ihrem Wohnumfeld das Finden eines Parkplatzes zu erleichtern. Im gegenständlichen Fall passiert allerdings das Gegenteil: Es wird unmöglich gemacht!
Konkret: Mit 1. Oktober 2012 sollen die Parkpickerl-Zonen auf Teile weiterer Wiener Bezirke erstreckt werden. Auch auf den 16. Bezirk namens Ottakring, wo Auto-Kaufberatung.at seinen Firmensitz hat. Die Zonen sollen sogar bis zum Wilhelminenberg, hinauf ins Cottageviertel, ausgedehnt werden. Was zwar ziemlich fragwürdig erscheint, aber nicht Kern des Problems ist.
Denn schlecht ergeht es jenen Laternenparkern, die das Parkpickerl nicht einfach in die Windschutz-Scheibe eines Autos kleben können – weil sie nämlich die Fahrzeuge permanent wechseln. Ein Umstand, der in der Autobranche nicht wenige tangieren dürfte. So auch Motorjournalisten.
Lesenswert: Was die „Grünen“ den Anwohnern raten, die häufig Autos wechseln
So schrieben wir denn an die „Grünen“, die in der rot-grünen Stadtregierung zu den stärksten Befürwortern der Parkraum-Bewirtschaftung gehören, ein E-Mail, das wir hier auszugsweise wiedergeben:
„Als Anrainer einer Wohngegend, in der das Parkpickerl demnächst eingeführt wird, stehe ich mit ständig wechselnden Presse-Fahrzeugen im wahrsten Wortsinn auf verlorenem Posten. Denn: Wie und wo soll ich besagte Fahrzeuge, die ich im Alltag für meine Dienstfahrten nutze, künftig über längere Zeiträume parken, nachdem ein Parkpickerl klarerweise nicht von einem aufs andere Fahrzeug übertragbar ist? Haben sich die Grünen zu solchen „Sonderfällen“ schon mal ernsthaft Gedanken gemacht, bevor sie Anrainer vor vollendete Tatsachen stellen? Oder fallen derartige Probleme unter ,unvermeidliche Kollateralschäden’?“
Dazu eine Randbemerkung: Die Firmenautos von Auto-Kaufberatung.at sind garagiert. Weshalb wir zuvor mit dem wohlmeinenden Vorschlag konfrontiert wurden, für diese Fahrzeuge jeweils ein Parkpickerl zu beantragen, um dann die Presse-Exemplare in die Garage zu stellen. Der Haken daran: Anrainer, die über Garagenplätze verfügen, haben auf ein Parkpickerl kein Anrecht. Verständlich.
Doch der „grüne Lösungsverschlag“ ließ nicht lange auf sich warten. Vor kurzem erhielten wir vom „Dialogbüro der Wiener Grünen“ folgendes Schreiben:
„Ihr Fall dürfte wirklich ein besonderer Fall sein. Wir haben Ihr Mail daher zuerst an die zuständige Magistratsabteilung 65 (Rechtliche Verkehrsangelegenheiten) weitergeschickt und folgende Antwort erhalten:
1. Bewohner-Parkpickerl
Das setzt Zulassungsbesitz, Leasingfahrzeug oder arbeitgebereigenes Kfz voraus. Die ersten beiden sind nicht erfüllt, das dritte auch nicht, weil die Kfz ja nicht wirklich vom Arbeitgeber überlassen werden, sondern von den Kfz-Herstellern. Die Kfz werden zwar gewissermaßen beruflich verwendet, aber es gibt keinen steuerrechtlichen Sachbezug für die Privatverwendung der Kfz. Sollte es einen solchen Sachbezug wider Erwarten doch geben, wäre die Ausstellung eines Bewohner-Pickerls möglich, da das arbeitgebereigene Fahrzeug nicht im Eigentum des Arbeitgebers stehen muss; es genügt, wenn der Arbeitgeber verfügungsberechtigt über das Kfz ist.
Das Problem wäre auch in diesen Fällen noch das häufige Wechseln des Kfz. Kürzlich gab es einen Meidlinger am Telefon, der halbjährlich das Firmen-Kfz wechselt und trotzdem froh war, ein Parkpickerl dafür bekommen zu können, selbst wenn er halbjährlich die Verwaltungsabgabe entrichten muss. Da sich mit dem Kfz auch der Abgaben-Tatbestand ändert, ist für solche Änderungen nämlich jedes Mal die Verwaltungsabgabe (45 Euro bei Internet-Antragstellung) zu entrichten, im Gegensatz zu Änderungen bei Kennzeichen oder beim Hauptwohnsitz. Da aber der Journalist womöglich wöchentlich das Kfz wechselt, ist das keine sinnvolle Variante mehr für ihn.
2. Betriebs-Parkkarte
Diese setzt einen Gewerbeschein voraus. Außerdem muss der Betrieb Zulassungsbesitzer des Kfz sein (ausg. Unternehmens-Konglomerat). Auch die Kfz-Händler mit ihren Vorführ-Fahrzeugen (noch irgendwie vergleichbar) sind Betriebe und vom KK erfasst. Doch selbst hier würde gelten: Auf der Parkkarte werden Kfz und KZ-Nummer eingetragen – jede Änderung bedeutet Verwaltungsabgabe.
Insoweit: Sorry für keine bessere Rückmeldung. Was Sie aber vielleicht schon machen könnten: Sie könnten sich in Ihrer Wohnumgebung einen Garagenplatz mieten und dort ein Auto reinstellen. Die anderen Autos könnten Sie in die nicht bewirtschafteten Teile der Bezirke 14, 16 oder 17 abstellen. Wenn Sie das Auto, das Sie gerade testen, wechseln wollen, dann könnten Sie mit dem Auto aus der Garage zu dem neu zu testenden Auto fahren und dort die Fahrzeuge tauschen.“
So viel zum Ratschlag der „Grünen“. Einerseits ist es ja rührend, wie man versucht, sich in die Nöte eines Bürgers hineinzuversetzen. Andererseits: Der Alternativvorschlag, einen Garagenplatz zu mieten, der in erforderlicher Größe monatliche Kosten von mindestens 100 Euro (plus Kaution und ggf. Betriebskosten) verursacht, erscheint weniger bürgernah. Nicht nur in Relation zu den maximalen Jahreskosten von 170 Euro für ein Parkpickerl, sondern auch deshalb, weil Garagenvermieter wegen solcher Troubles für Anwohner Lunte gerochen haben und teilweise „Apothekerpreise“ verlangen.
Und auch die Ankündigung eines elektronischen Parkpickerls, mit dem man Anfang 2013 ein Pilotprojekt starten will, lässt wenig Hoffnung auf mehr Flexibilität in der Wiener Amtsbürokratie aufkeimen. Schließlich leben wir in einem Land mit festen traditionellen Werten: Von „Des hama imma so g’mocht!“ bis „Do könnt’ ja a jeder kommen!“
Aber warten’s wir ab. Denn nicht nur Garagenvermieter, auch die Wiener ÖVP hat Lunte gerochen und sich in Sachen Parkpickerl ihrer Oppositionsrolle besonnen: Vorigen Samstag fiel unter dem schlichten Motto „Parkpickerl – Nein danke!“ der Startschuss für eine Unterschriften-Aktion, an der man natürlich auch online teilnehmen kann.
Jene Bürger, die sich von den Parkpickerl-Betreibern in Stich gelassen fühlen, dürften hier wohl in Versuchung geraten…
NACHTRAG: „Dass die Grünen erst die MA 65 kontaktieren müssen, zeigt eigentlich ganz gut, wie es wirklich ist: Diese Partei ist nicht nur Mehrheitsbringer der SPÖ, sondern besitzt null Durchsetzungskraft innerhalb der Koalition. (…) Eine Volksbefragung ist die einzige Möglichkeit, um aus diesem rot-grünen Irrgarten wieder heraus zu kommen!“ (Kommentar des BZÖ Wien)
Nochmals zur Klarstellung: Auto-Kaufberatung.at kann dem Engagement der Wiener Stadtregierung in Sachen Parkraum-Bewirtschaftung durchaus etwas abgewinnen. Aber wenn Anwohner, die nicht ins Parkpickerl-System passen, einfach im Regen stehen gelassen werden, darf man sich nicht über Gegenwind aus der Bevölkerung wundern.