Derzeit steigen die Temperaturen wieder. Doch die nächste Kältewelle ist nur eine Frage der Zeit. Und mit ihr das immer gleiche Bild auf unseren Straßen: „Obwohl man von Oktober bis April an allen Tankstellen nur Winter-Diesel erhält, streiken viele Diesel-Autos, weil es zur berüchtigten ,Flocken-Bildung’ im Kraftstoff kommt“, weiß ÖAMTC-Techniker Steffan Kerbl. Allerdings sei das eher ein Fahrzeug- als ein Treibstoff-Problem.
Jedes Jahr kommt man dahinter, um diese Zeit ist meistens Winter! Auch heuer ließen sich viele Autofahrer von einer gewissen Flocken-Bildung am Himmel „überraschen“. Was bei tiefen Minus-Graden, wie der ÖAMTC konstatiert, mitunter auch zu einer Flocken-Bildung im Dieselsaft führt. Jedenfalls dann, wenn man mit dem „falschen“ Auto unterwegs ist. Weil es nämlich auf die Bauweise eines Fahrzeugs ankommt, wie der Club bei einem Test über die Winter-Tauglichkeit von Diesel-Kraftstoff herausfand.
Zu diesem Zweck wurden Winterdiesel-Proben verschiedener Anbieter in einem VW Golf VI und und einem Opel Insignia auf ihre Winter-Fahrbarkeit überprüft. Ergebnis: „Die Anfälligkeit für Verstopfungen des Filters ist nicht allein vom Kraftstoff abhängig“, erklärt ÖAMTC-Experte Steffan Kerbl. „Die Bauweise des Autos ist ebenfalls ein maßgeblicher Faktor. Es spielt beispielsweise eine große Rolle, wo der Filter im Fahrzeug eingebaut ist und wie rasch die Filter-Heizung wirkt.“ Als Faustregel gilt: Je exponierter die Lage und je schwächer die Beheizung, desto wahrscheinlicher sind Probleme bei großer Kälte.
Club fordert bessere Kennzeichnung der Filtrierbarkeit und bessere Dieselfilter
Beim Opel Insignia ist der Kraftstoff-Filter am Fahrzeug-Unterboden in unmittelbarer Nähe des Tanks eingebaut. „In dieser relativ ungeschützten Lage nutzt auch die elektrische Beheizung des Filters wenig“, so Kerbl. „Der Insignia bleibt bis zu einer Temperatur von maximal minus 22 Grad fahrbar, darunter geht nichts mehr.“ Der VW Golf VI hat den Filter hingegen im Motorraum und leitet den Kraftstoff thermostatgesteuert über einen kleinen Kreislauf direkt in das Filter-Gehäuse ein. Kerbl: „Im Endeffekt ergibt das für den Golf eine Winter-Fahrbarkeit bis zu minus 28 Grad.“
Tatsächlich „fließfähig“ ist der Diesel sogar bei noch tieferen Temperaturen. Je nach Anbieter werden bis zu minus 31 Grad angegeben. „Aber auch wenn der Kraftstoff tatsächlich bis zu dieser Grenze fließfähig bleibt, also noch durch den Filter kommt, ist das keine Garantie, dass man bei solcher Kälte noch fahren kann“, stellt der ÖAMTC-Techniker klar.
Aus dem aktuellen Test ergeben sich für den ÖAMTC daher zwei Forderungen: Einerseits müssen Fahrzeuge künftig so ausgerüstet werden, dass sie bis mindestens minus 20 Grad mit regulärem Winterdiesel garantiert fahrbereit sind. Was laut Kerbl etwa durch eine leistungsfähige Filter-Heizung relativ einfach erreicht werden könne. Andererseits muss die Mineralöl-Industrie die tatsächliche Winter-Fahrbarkeit ihrer Kraftstoffe deutlicher erkennbar machen. Die aktuell gültige Norm schreibt nur die Angabe der Minimal-Temperatur vor, bis zu der Diesel fließfähig bleibt (Cold Filter Plugging Point, kurz CFPP). Für die tatsächliche Fahrtauglichkeit des Autos ist jedoch die Kälte-Eigenschaft – der Wert, ab dem sich erste Paraffin-Kristalle bilden – wesentlich wichtiger (Cloud-Point). Kerbl: „Der Cloud-Point liegt je nach Hersteller zwischen minus sechs und minus zehn Grad. Nur bis dahin ist die Fahrbarkeit des Autos garantiert. Und das sollte auch so angegeben werden.“
Ein Königreich für eine beheizte Garage – ÖAMTC-Kältetipps für Autofahrer
Falls laut Wetter-Prognose tiefe Temperaturen bevorstehen und das Auto schon im vorigen Winter Probleme gemacht hat, sollte man einige Vorkehrungen treffen. Steffan Kerbl hat die wichtigsten Tipps zusammengefasst:
► Wer kurz vor Beginn der kalten Jahreszeit noch viel Sommerdiesel im Tank hat, sollte rechtzeitig auf Winterdiesel umsteigen. Es empfiehlt sich, die Restmenge an Sommerdiesel so gering wie möglich zu halten, wenn die Tage kälter werden.
► Die Wartungsintervalle der Kfz-Hersteller sind unbedingt einzuhalten. Vor allem der Kraftstoff-Filter sollte regelmäßig gewechselt werden.
► Im Winter sollte das Fahrzeug so wind- und kältegeschützt wie möglich abgestellt werden.
► Wer noch Diesel in Kanistern hat und die Kälte-Tauglichkeit nicht kennt, sollte besser zur Tankstelle fahren und nicht aus den Behältern nachtanken.
► Wenn gar nichts mehr geht, hilft es oft, das Fahrzeug in einer beheizten Garage „aufzutauen“.
► Sollten wirklich Kälteperioden mit minus 15 Grad oder tiefer angekündigt sein, also die Gefahr bestehen, dass sich auch im Winterdiesel Kristalle bilden, gibt es noch einen Spezial-Kraftstoff mit extremer Winter-Tauglichkeit: den so genannten Arctic Diesel. Dessen Fließgrenze liegt bei minus 35 Grad. Hier eine Übersicht, wo dieser Spezial-Kraftstoff in Österreich angeboten wird. Freilich, so Kerbl: „Auch dieser Kraftstoff muss rechtzeitig in den Tank. Selbst wenn ein halbvoller Tank mit Extrem-Winterdiesel aufgefüllt wird, verbessert das die Situation.“
► Alle ÖAMTC-Stützpunkte bieten während des ganzen Winters an, Autos auf ihre Kälte-Tauglichkeit zu überprüfen – Stichwort „WinterFit“.