Im November 2014 kam die achte Generation des VW Passat auf den Markt. Seit dem Debüt der ersten sind bereits 42 Jahre vergangen. Lange genug, um den Namen Passat auch richtig deuten zu können – als sehr beständigen Wind. Und genau so fühlt man sich von Wolfsburgs neuer Mittelklasse umschmeichelt. Gegenüber dem Vorgänger in jeder Hinsicht verfeinert, ist man auch bei Nr. 8 fest davon überzeugt: Besser geht’s nimmer!
Keine Chance! Jeder Lehrbub in der Auto-Branche wusste, was dem Neuwagen-Handel im Februar blüht – nämlich ein gewaltiges Zulassungs-Minus. Kein Wunder: Gegen den Super-Februar 2014, als die Angst vor der NoVA-Reform die Vorzieh-Käufe in lichte Höhen trieb, war heuer kein Kraut gewachsen. Große Ausnahme: Die Kombis und Limos neuer Mittelklasse-Baureihen haben den Abwärts-Trend nicht nur negiert, sondern geradezu traumhafte Zuwächse verzeichnet: Ford konnte beim Mondeo +41,79% verbuchen, Volkswagen beim Passat +74,37% und Mercedes bei der C-Klasse sogar +134,87%.
Auto-Kaufberatung.at hat den Silber-Platzierten unter die Lupe genommen. In Vergleichs-Tests holt sich das Auto des Jahres 2015 allerdings mit schöner Regelmäßigkeit Gold. Durchaus nachvollziehbar, wie wir in einem ersten Kurz-Test er-fuhren. Wofür uns jedoch kein fett ausstaffierter Überdrüber-Passat zur Verfügung stand, sondern der beliebte 150-PS-TDI-Variant in „schlichter“ Comfortline-Ausstattung plus DSG-Automat – und damit auch der stärkste Diesel-Passat, für den noch keine AdBlue-Versorgung erforderlich ist. Außer man wählt den 150-PS-Selbstzünder samt 4Motion (ist nur mit Schalt-Getriebe erhältlich), der wegen der zusätzlich angetriebenen Hinterachse besagter Harnstoff-Lösung bedarf, um die Euro-6-Hürde zu überwinden.
Eine Angebots-Übersicht liefert die Preis-Liste für den Passat, wo sich wie üblich auch alle Ausstattungs-Details und die technischen Daten befinden. Jene TDI-Modelle, die mit dem Stickoxid killenden SCR-Kat gekennzeichnet sind, sind auch jene, die über einen AdBlue-Tank verfügen. Will oder muss man diesen selber auffüllen, empfiehlt sich ein Blick auf jenes VW-Video, zu dem es bereits in der Meldung vom 24. März einen Link gibt.
Doch zurück zum Test-Exemplar, einem Volkswagen in Reinkultur. Heißt einerseits: Lediglich mit allem an Bord, was man unbedingt braucht. Allein dafür entfleuchen aber schon 39 Blaue vom Konto. Heißt jedoch andererseits auch: Man erkennt auf Anhieb, wofür man beim Neo-Passat zur Kassa gebeten wird – für eine Detail-Perfektion, die man bei den meisten Mitbewerbern weder für Geld noch gute Worte bekommt.
Ein einziges Ergonomie-Beispiel macht bereits klar, was wir meinen: Egal, ob kleine oder große Statur. Hat man sich auf dem Fahrer-Sitz ideal positioniert, liegt der linke Arm wie maßgeschneidert auf der Armlehne der Tür. Gleichzeitig lassen sich die Schalter für die E-Fensterheber allein mit minimaler Finger-Bewegung bedienen, ohne die entspannte Armhaltung auch nur geringfügig verändern zu müssen. Lächerlich? Na, dann probieren Sie das mal ganz bewusst und ohne Mogelei in Ihrem eigenen Auto. Sie werden staunen!
„Intuitive Bedienung“. Jeder Autohersteller strapaziert diese Floskel. Beim Passat Nr. 8 ist sie definitiv keine. Okay, die Klima-Regler könnten etwas höher angeordnet sein (fragt sich nur, wo?), dafür muss man öfter abzurufende Funktionen nicht in irgendeinem Untermenü auf dem Touchscreen ertasten. Wobei: Auch das Fingertappen auf dem Display erfordert nicht allzu viel Konzentration – dank wirklich berührungsempfindlicher Schaltflächen, klarer Symbole und verständlicher Hinweise. Meistens jedenfalls. Alles kapieren ältere Semester wie wir ja doch nicht ad hoc. Übrigens sind wir mittlerweile in die unendlichen Weiten der VW-Optionen eingetaucht: Der gefahrene Comfortline-Passat war mit der aufpreispflichtigen Navi-Funktion „Discover Media“ inklusive Radio „Composition Media“ (siehe Preis-Liste Seite 17 und 18) ausgerüstet.
Ja zu Autofahren „pur“! Aber gewisse Assistenzsysteme sollte man sich gönnen
So viel zur vorbildlichen Bedienlogik in einem Passat, dessen Serien-Ausstattung zumindest wir nicht als „nackert“ empfanden. Zumal es heutzutage fast schon Seltenheitswert hat, einen gediegenen Neuwagen zu pilotieren, dessen Features nicht permanent vom Straßen-Geschehen ablenken. Was vor allem jene Verkehrs-Teilnehmer erfreuen dürfte, denen man dabei so begegnet. Ein Sarkasmus, der sich natürlich nicht auf die vielen sinnvollen Hightech-Assistenten bezieht, die VW für den Passat offeriert. Um deren Nutzen anschaulich zu demonstrieren, haben wir YouTube nach den wichtigsten bzw. neuesten Systemen durchforstet:
► Trailer Assist, Park Assist, Area View, Emergency Assist
► Park Assist (ausführlicher)
► Side Assist (Blind Spot-Sensor)
► Stau-Assistent (Lane Assist, ACC)
Keine Frage: Für Stau-Assistenten und sonstige E-Helferlein, die das Autofahren erleichtern, zahlt sich ein tieferer Griff ins Börsel zweifellos aus. Was dagegen andere technische Feinheiten betrifft, hält VW den Gusto darauf quasi „selbst verschuldet“ in Grenzen. So lobt der Hersteller – durchaus berechtigt – in höchsten Tönen die optionale Progressiv-Lenkung (siehe Seite 19 der Preis-Liste), die gegenüber der Serien-Lenkung nur 2,1 statt 2,75 Umdrehungen von Anschlag zu Anschlag benötigt. Agilität, Lenkwinkel-Bedarf, Ansprech-Verhalten, Präzision in der Mittellage – alles super! Wir haben die progressiv übersetzte Lenkung unter anderem im Golf GTI Performance genossen.
Das Pech für VW: Fehlt diese Vergleichsmöglichkeit, kommt man aufgrund der gelungenen Standard-Lenkung nicht im Entferntesten auf die Idee, für eine sportlichere Auslegung zusätzliche Euros locker zu machen. Unseren ersten Eindruck zur Serien-Lenkung brachten wir wie folgt zu Papier: „Selten eine so gute Abstimmung erlebt. Beim Manövrieren überaus leichtgängig. Zunehmende Lenkkraft mit wachsendem Tempo könnte vom Apotheker dosiert worden sein.“
Angetan waren wir außerdem – so weit wir dies während der Probe-Fahrt auskosten konnten – vom neutralen Fahrverhalten des Fronttrieblers auch in schneller durcheilten Kurven. Man kommt also durchaus ohne adaptive Fahrwerks-Regelung oder die Differenzial-Sperre XDS (gehört nur beim „Power-Passat“ mit 240 TDI-PS zum Serien-Umfang) im wahrsten Wortsinn gut über die Runden.
Das gilt ebenso für die Federung, die zwar recht straff wirkt, den Komfort aber selbst auf Kopfstein-Pflaster nicht spürbar beeinträchtigt. Im Gegenteil: Überquert man mit dem Passat höhere Fahrbahn-Schwellen versehentlich einmal zu flott, wird dies nicht gleich mit einem durchschlagenden Feedback quittiert. Erkenntnis: Sucht man intensiv genug nach dem besten Kompromiss, kann auch eine konventionelle Stahl-Federung durchaus überzeugen.
Ganz und gar keinen Kompromiss, sondern eine harmonische Partnerschaft gingen das 150 PS starke TDI-Triebwerk (samt unauffällig eifrigem Start-Stopp-System) und das Sechsgang-DSG ein. Der nach außen hin etwas knurrige Diesel-Motor, dessen Tonlage von den Insassen aber dank guter Dämmung kaum registriert wird, gefällt durch spontane Gasannahme, das Doppelkupplungs-Getriebe durch sanfte Schalt-Vorgänge.
Klar: Gibt man dem großen Kombi die Sporen, kann man auch herbe Schaltrucke provozieren oder die Traktion überfordern. Wohlgemerkt: Man kann! Und genau das gehört zur Identität des Passat: Er ist berechenbar, hat keine Allüren. Geschweige denn, dass er der Eingewöhnung bedarf. Eine zu subjektive Beurteilung? Mag sein. Vielleicht überträgt sich aber genau so das Gefühl, mit einem soliden, bis ins Detail durchdachten Auto zu fahren.
War’s das schon? Natürlich nicht. Wie gewohnt, hält die Foto-Galerie noch eine Menge weiterer Infos parat.
Stand: März 2015
Website des Importeurs: www.volkswagen.at