AUTO-KÄUFER: 82% MIT PROBEFAHRT
(26.2.2014) Eine brandneue Umfrage von McKinsey setzt den eh schon gebeutelten Autohandel noch mehr unter Druck. Eine logistische Herausforderung kann man vor allem im Wunsch der Auto-Käufer sehen, wonach diese zu 82% auf eine Probefahrt nicht verzichten wollen. Andererseits ein legitimes Anliegen, das zwangsläufig einen Besuch beim Händler voraussetzt. Doch der Reihe nach: Für die internationale Branchen-Studie wurden mehr als 4.500 Auto-Käufer und natürlich -Käuferinnen in Deutschland, Großbritannien, Italien, China und den USA befragt. Die nicht unerwartete Erkenntnis: Das kaufwillige Publikum informiert sich zunehmend im Internet, wo natürlich auch der klassische Auto-Handel vertreten ist. Allerdings wird dieser ebenso zunehmend mit Angeboten einschlägiger Online-Foren konfrontiert, die hier zu Lande nicht jeder als „gottvoll“ empfindet.► Zu diesem Thema hat Auto-Kaufberatung.at ein kurzes Interview mit Andreas Kostelecky geführt, das wir deshalb hier einflechten: Wie stehen Sie als Mitsubishi-Verkaufsleiter solchen Neuwagen-Börsen gegenüber? „Grundsätzlich sehe ich diese sehr kritisch, weil es sich bei den Angeboten mit Extrem-Nachlässen oft um Einzel-Beispiele bzw. Langsteher handelt, deren Ausstattung sich potenzielle Käufer ganz genau ansehen sollten.“ Entsteht da nicht ein gewisser Lerneffekt beim Konsumenten, der solche Rabatte auch auf gängige Modelle überträgt und erwartet? „Sie sorgen zweifellos für eine Verunsicherung des Konsumenten. Ganz einfach deshalb, weil der Auto-Kauf bekanntlich vor allem eine emotionale Entscheidung ist. Wenn man dann als Kunde das Gefühl hat, kein gutes Geschäft zu machen, führt das automatisch zu einer Kauf-Zurückhaltung. Das grundsätzliche Problem dabei ist, dass wir mittlerweile eine Boni-Situation haben, in der für den Kunden der Rabatt schwer nachvollziehbar oder die Aktion schwer zu durchschauen ist. Zumal dann auch noch unterschieden werden muss zwischen einem Neuwagen, einem Vorführ-Wagen oder einer Kurz-Zulassung.“ Und wie oft kommt es vor, dass man als Händler dem Kunden den Super-Rabatt eines Mitbewerbers erklären muss, der sich nur auf ein ganz spezifisches Modell bezieht? „Sehr oft! Das gehört mittlerweile zum Alltag eines Händlers“, sagt Kostelecky, der sich übrigens bezüglich der für heuer prognostizierten 320.000 PKW-Neu-Zulassungen (also genauso viel wie fürs Vorjahr) eher pessimistisch zeigt. Allerdings nicht allein wegen der nach wie vor schwer einschätzbaren Auswirkungen der NoVA-Erhöhung. Kostelecky: „Sieht man sich das gute Vorjahres-Ergebnis an, muss man auch einen Blick hinter die Kulissen werfen. Die Kraft-Anstrengung, um im Verkauf gute Stück-Zahlen zu erzielen, war für den Auto-Handel nämlich 2013 ungleich größer als noch 2012.“ Soweit die Meinung eines heimischen Branchen-Insiders.
► Zurück zur Studie: McKinsey rät dem klassischen Auto-Handel sich den veränderten Kunden-Wünschen anzupassen, damit er auch in Zukunft seine zentrale Rolle behalten könne. „Der Markt wird sich auseinander entwickeln: Händler, die Investitionen in neue Formate stemmen können, werden sich von den anderen deutlich absetzen“, erklärt Detlev Mohr, europaweiter Leiter der Automobil-Beratung bei McKinsey. Mehr als 80% der Käufer von Neuwagen und fast 100% jener von Gebraucht-Wagen starten ihre Überlegungen online. Weil der Händler in dieser Phase die Informations-Hoheit über das Produkt verliere, so Mohr, müsse er seine eigenen Online-Aktivitäten (Websites, Blogs, Foren) besser mit den Angeboten im Autohaus verzahnen. Denn während der Kunde früher fünf Mal ins Autohaus kam, bevor er sich für ein Fahrzeug entschied, sei es heute oftmals nur noch ein Besuch. Laut Studie macht es für 41% der Befragten dennoch einen wesentlichen Unterschied, ob der Verkäufer mit dem gesuchten Auto Erfahrung hat. 29% nennen die Infos zur Lieferbarkeit als Top-Grund für den Besuch im Autohaus, statt sich nur online zu informieren. Und natürlich: „Die Verkaufs-Mitarbeiter müssen viel besser geschult werden als früher“, betont Marcus Hohmann als einer der Studien-Autoren. Logisch: Die Hightech-Ausstattung heutiger Fahrzeuge erfordert ein hohes technisches Verständnis. Ist man in der Lage, dieses jedem Kunden zu vermitteln, ist man dem Online-Handel entscheidend voraus. Ein teurer Spaß ist freilich die Empfehlung, den Bau von Testfahrt-Centern ins Auge zu fassen, vom Irgendwo-Grundstück gar nicht zu reden. Außerdem habe dafür eine breite Fahrzeug-Palette für Probefahrten verfügbar zu sein. Solche Ideen lassen sich natürlich ebenso wenig ohne weiteres realisieren „wie Super-Stores, in denen eine hohe Anzahl verschieden ausgestatteter Modelle und Varianten für den Spontan-Kauf ohne Lieferzeit bereitsteht“. Dazu Hohmann: „Wenn die Händler in die richtigen Formate investieren, können sie ihre Marge auch in Zukunft halten.“ Sofern sie zuvor nicht Pleite gehen, erlauben wir uns anzumerken. Und außerdem: Wie erstrebenswert kann es sein, solche Margen wie heute zu halten? „Diese sind zwar“, so Hohmann weiter, „nach der Krise wegen der Ausdünnung des Händler-Netzes wieder angestiegen. Aber seit 2011 sehen wir einen erneuten Rückgang.“ Im Klartext: 2013 wiesen die deutschen Auto-Händler nur 1,3% Umsatz-Rendite aus (also noch eine Spur mieser als in Österreich), wobei sich deren Anzahl seit 2006 von 16.000 auf 13.300 reduziert hat. Nun gelte es, so das „hoffnungsvolle“ Fazit der Studie, diesem Trend entgegenzuwirken. Und hier wird noch einmal deutlich veranschaulicht, wie sich die McKinsey-Berater das vorstellen.
Mehr rund ums Thema Auto-Handel findet sich auf Auto-Kaufberatung.at:
► Kriselnder Autohandel – Umdenken erforderlich!
► Studie: Plug-in-Hybrid ist Zukunft
► Neues Kaufverhalten: Mehr Kombi, weniger SUV
► Autokauf: Miese Frauen-Quote
► Studie: Junge Auto-Kunden sind anspruchsvoll
► „Die einen machen es besser als die anderen“
Verkaufsleiter Andreas Kostelecky (hier vor dem Lieblings-Objekt des Mitsubishi-Teams auf der VAS): „Die Erklärung vermeintlicher Super-Rabatte von Mitbewerbern gehört heute zum Alltag eines Auto-Händlers“ (Foto: Auto-Kaufberatung.at)