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MARKT-ANALYSEN: IMMER MIT LOGIK?

(23.1.2015) Auch wenn sich der heimische Neuwagen-Markt für Rosarot-Brillenträger im vorigen Jahr bloß „eingependelt“ und in Europa damit zu den Entwicklungsschluss-lichtern gesellt hat, so gibt es doch gewisse Parallelen zu anderen Märkten. Wie so oft, kann man diese in Deutschland entdecken. Im Gegensatz zu Österreich wurde ja 2014 dort endlich ein Wachstum erzielt (2,9%), es finden sich aber auch gemeinsame Trends: So ging der Anteil der privaten Neu-Zulassungen in Deutschland auf 36,2% zurück, schreibt Auto Zeitung-CR Volker Koerdt. (In Österreich übrigens auf 36,8%.) Koerdt weiter: „Damit verzeichnete er den tiefsten Stand seit Einführung der Statistik. Selbst die günstigsten Sprit-Preise seit Jahren motivierten die Bürger nicht zum Auto-Kauf.“ Womit wir beim zweiten „Gleichnis“ wären. Zugegeben: etwas konstruiert. Aber irgendwie lassen sich letztlich ähnliche Rückschlüsse ziehen. Denn anders als in Österreich haben in Deutschland die Zulassungen bei SUV und Gelände-Autos weiterhin zugelegt und dabei sogar jene der Klein-Wagen übertroffen. Was Auto Bild-CR Bernd Wieland zu folgendem Kommentar veranlasste: „Bisher dachte ich: Die niedrigen Sprit-Preise sind natürlich super für alle Autofahrer, aber deshalb kauft niemand andere Autos, als er es sonst getan hätte.“ Irrtum. Doch denkt man da nicht unwillkürlich an den heimischen Markt mit seinen deutlichen Zuwächsen bei Pkw mit großen Hubräumen zwischen 2.500 und 4.000 ccm? Nicht logisch?

Zur Sicherheit haben wir das Analysieren zwei langjährigen Branchen-Experten überlassen, nämlich Renault Österreich-Marketingchef Samuel Bucket und Porsche Austria-Pressechef Richard Mieling. Beide konfrontierten wir mit drei Fragen zum Pkw-Markt, die sie – Bucket mit Zahlen untermauert, Mieling spontan – wie folgt beantwortet haben:

Auto-Kaufberatung.at: Kann man den Zulassungs-Rückgang bei leistungsschwächeren Pkw als einen Indikator für den Zuwachs bei Firmenwagen-Zulassungen betrachten?
Bucket: Der Privatkunden-Markt war 2014 um 11,8% rückläufig und macht nur noch 40,8% vom Pkw-Gesamtmarkt aus, 2013 waren es noch 44,6%. Leistungsschwächere Pkw werden primär von wenig fahrenden Privatkunden nachgefragt. Der Anteil der Firmenkunden und Mietwagen-Firmen mit tendenziell leistungsstärkeren Fahrzeugen ist dagegen von 55,4% auf 59,2% gestiegen.
Mieling: Nicht unbedingt. Wir sehen, dass Kunden aufgrund der gestiegenen Effizienz der Motoren mit gleichzeitig deutlich sinkenden Verbräuchen die Möglichkeit nutzen, auf Motorisierungen zurückzugreifen, die auf das jeweilige Fahrprofil zugeschnitten sind, ohne aber höhere Treibstoff-Kosten in Kauf nehmen zu müssen.

AKB: Sieht man auch in Ihrem Haus die NoVA-Reform – wie es ja offiziell heißt – als Haupt-Ursache für den Rückgang bei den Neu-Zulassungen? Vor allem in Anbetracht jener Markt-Entwicklungen, wie im Beiblatt beschrieben. Zumal die meisten Hersteller doch zahlreiche Auto-Modelle mit äußerst niedrigen NoVA-Sätzen anbieten.
Bucket: Die Steuerbelastung hatte immer schon eine psychologische – im positiven wie auch im negativen Sinn – Auswirkung auf das Kaufverhalten. Obwohl es bei vielen Modellen zu Reduktionen bei der Steuerlast kam, haben die Zulassungen im Februar – vor der Einführung der neuen NoVA-Regelung – extrem zugelegt. Wir konnten mit sehr guten Ergebnissen im B-Segment (Clio, Captur und ZOE) den Rückgang im volumenstarken C-Segment kompensieren, wo wir 2014 für Privatkunden noch keine Neuheiten anbieten konnten.
Mieling: Wir glauben, dass die NoVA-Erhöhung zu Jahresbeginn einen Einfluss auf die Kaufentscheidung bei Neuwagen-Kunden hatte und diese eine der Ursachen für den Markt-Rückgang ist. Es ist vor allem bei den Privatkunden zu bemerken, dass die steuerliche Belastung für Autofahrer eine Grenze erreicht hat, die auch vom Kunden nicht mehr akzeptiert wird. Hier geht es weniger um die Einzel-Belastung als vielmehr um die Summe, die den Kauf und Betrieb und die laufenden Kosten betrifft.

AKB: Muss man den leichten Rückgang im SUV-Segment schon als Anfang vom Ende betrachten? Oder kann man damit rechnen, dass vor allem Kompakt-SUV resp. kompakte Crossover-Modelle wieder auf die Gewinner-Straße einbiegen?
Bucket: Der SUV-Anteil ist im A- und B-Segment um 18,9% gestiegen! Der Premium-SUV-Anteil ist ebenfalls um 16% gestiegen. Der 10%ige Rückgang im C-Segment erklärt sich in erster Linie durch rückläufige Zulassungen bei den Top 3 VW Tiguan (der in Deutschland hingegen zulegen konnte; Anm. d. Red.), Hyundai ix35 und Nissan Qashqai. Wir denken, dass der SUV-Anteil im C- und D-Segment nicht mehr weiter wachsen wird, sondern auf dem aktuellen hohen Niveau verbleiben wird. Es werden sicher noch neue Kunden von anderen Segmenten dazukommen, andererseits werden SUV-Fahrer zu neuen Crossover-Konzepten, wie z.B. den neuen Renault Espace, abwandern.
Mieling: Wir sind davon überzeugt, dass kompakte SUV wie der Audi Q3, der Volkswagen Tiguan oder der Skoda Yeti weiterhin den Zeitgeist treffen und dieses Segment sich auch heuer wieder erfolgreich entwickeln wird.

► Zur Erinnerung: Alle Daten zum Pkw-Markt 2014 sind auf diesem Portal in Form von Tabellen und Grafiken der Statistik Austria übersichtlich aufgelistet.

audi_q3_renault_espace Bucket glaubt an die wachsende Beliebtheit neuer Crossover-Konzepte à la Espace. Und Mieling ist zuversichtlich, dass Kompakt-SUV wie der Q3 weiterhin den Zeitgeist treffen. Apropos Audi: 35 Jahre quattro bedeuten Jubiläums-Prämie! (Fotos: Audi und Christian Houdek für Renault Österreich)


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