Hondas Sexobjekt: Dieser Po macht Papis froh!

Erinnert sich noch jemand ans automobile Honda-Programm zu Beginn der 1980er Jahre? An den einst winzigen Civic (den man heute hinter einem Jazz verstecken könnte), den kompakten Quintet, den Mittelklasse-Accord und ans Sport-Coupé Prelude? Damals gab’s eben noch klare Hierarchien. 2014 dagegen sticht ein Civic Tourer mit seinem Riesen-Laderaum sogar Oberklasse-Kombis aus. Doch nicht alles am Civic ist riesig gut gelungen.

honda_civic_tourer Preiswerte Kompaktklasse-Kombis, die locker das Urlaubs-Gepäck einer ganzen Familie verdauen, liegen im Trend. Ein Beispiel dafür ist der VW Golf Variant, dessen Laderaum ein Mindest-Volumen von 605 Litern offeriert. Klappt man die Variant-Rückbank vor, stehen maximal 1.620 Liter zur Verfügung. Annähernd so gut kann es der Toyota Auris Touring Sports, dessen Stauraum in der Grund-Stellung zwar „nur“ 530 Liter schluckt, sich aber bis auf 1.658 Liter erweitern lässt.

Der Lademeister im Kompakt-Format heißt allerdings Honda Civic Tourer, der seine Mitbewerber mit 624 bis 1.668 Litern (inklusive eines 117 Liter großen Extra-Fachs) knapp zu toppen vermag. Freilich: Inwieweit allein solche Liter-Vergleiche für individuelle Bedürfnisse zweckdienlich sind und die Kauf-Entscheidung beeinflussen können, ist eine andere Frage. Wer regelmäßig sperriges Ladegut im Spezial-Format zu transportieren hat, muss selber testen, welcher Kombi für ihn der ideale ist.

Datenblatt
Motor 16V-Vierzyl.-Turbodiesel, 1.597 ccm, Euro 5
Leistung 88 kW/120 PS bei 4.000/min
Drehmoment 300 Nm bei 2.000/min
Spitze 195 km/h
Testverbrauch 5,0 l/100 km
Normverbrauch 3,9 l/100 km
CO2 103 g/km
L/B/H 4.535/1.770/1.465 mm
Leergewicht 1.412 kg
Gesamtgewicht 1.910 kg
Preis € 27.570,- inkl. 3% NoVA und 20% MwSt. (Ausstattung „Lifestyle“)
Stand: September 2014

Einen umfassenden Überblick, was die offenkundigen Vorzüge des Honda Civic Tourer betrifft, hat Auto- Kaufberatung.at bereits im Dezember 2013 geboten. Führt man sich diese Infos zu Gemüte, werden aufmerksame Leser zweierlei erkennen: Erstens haben sich die Preise zwischen den VTEC- und den DTEC-Modellen seither angenähert, weil aufgrund der neuen NoVA die Benziner teurer und die Selbstzünder günstiger wurden. Und zweitens haben wir bei obigem Vergleich der Lade-Kapazitäten den Skoda Octavia Combi samt seinen beispielhaften 610 bis 1.740 Litern vorerst „unterschlagen“ – um ihn jetzt gesondert zu erwähnen.

Denn offenbar hat die schwer nachvollziehbare Einordnung des 4,66 Meter langen Tschechen ins Segment der Kompakt-Wagen (wir berichteten erstmals vor zwei Jahren darüber) in der Autobranche einige Wellen geschlagen: „Aus unserer Sicht gehört der Octavia definitiv nicht in die Kompakt-Klasse“, erklärt dazu Honda Austria-Boss Ing. Roland Berger. „Aber nachdem wir zu diesem Thema mit anderen Marken einen internationalen Schriftverkehr hatten, sagen wir offiziell nicht mehr, dass der Civic den größten Laderaum seiner Klasse hat.“

Sagen nicht, aber schreiben, wie man in der jüngsten Aussendung über den Civic nachlesen kann. Doch das soll nicht unsere Sorge sein. Als seltsam erachten wir nur, dass es anscheinend niemand wert findet, sich mit dem Maßstab in der Hand über den Opel Astra Sports Tourer zu mokieren. Schließlich erstreckt sich der Rüsselsheimer „Kompakt“-Kombi sogar über 4,70 Meter! Allerdings gelten weder Fond noch Gepäck-Abteil im Opel als Muster-Beispiel für Raum-Ökonomie.

So jung und schon geliftet: Der Civic-Jahrgang 2015 ist aufgewertet worden

honda_civic_tourer Das nennt man Tempo: Rund zweieinhalb Jahre nach Einführung des aktuellen Civic Hatchback und überhaupt nur einige Monate nach dem Debüt des Civic Tourer wird in Paris schon der geliftete Modell-Jahrgang 2015 gezeigt. Außer mit einer „sportlicheren Frontpartie“ (Foto rechts), die beiden Karosserie-Varianten zugute kommt, wartet der Hatchback noch mit neu verkleideten Seiten-Schwellern und am Heck mit einem neuen Stoßfänger, einem schwarzen Spoiler sowie LED-Leuchten auf.

Neben einem aufgefrischten Interieur dürfte vor allem die Verfügbarkeit des auf Android 4.0.4. basierenden Infotainment-Systems „Honda Connect“ aufhorchen lassen – jedenfalls jene Online-Fans, für die der Civic bisher mangels Vernetzung nicht infrage kam (einer brandneuen McKinsey-Studie zufolge kommt weltweit für 13% aller Käufer ein neues Auto ohne Internet-Zugang gar nicht mehr in Betracht). Inkludiert sind u.a. Internet-Radio, Bluetooth-Schnittstelle und eine Rückfahr-Kamera – die übrigens beim Test-Exemplar in Lifestyle-Ausstattung bereits zum Serien-Umfang gehört. Aus unserer Sicht ist der Civic-Jahrgang 2015 deshalb ein feiner, weil der City-Notbrems-Assistent (kurz CTBA) schon ab der unteren Comfort-Ausstattung serienmäßig an Bord sein wird.

Wann der Vorverkauf der neuen Civic-Modelle starten soll, entzieht sich noch unserer Kenntnis. Kann sein, dass Honda darüber aber schon bald informiert – sprich: auf dem Pariser Auto-Salon. Doch auch wenn der Neuwagen-Kauf jetzt und nicht erst in einigen Monaten ansteht, sollte man den aktuellen Civic keinesfalls abschreiben – allein schon wegen des bis 31. Oktober offerierten 0-Euro-Aktions-Pakets (sofern sich unter den lagernden Neuwagen der „Richtige“ befindet). Immer einkalkulieren kann man hingegen Hondas 3 Jahre Werks-Garantie plus 5 Jahre Treue-Bonus auf bestimmte Teile.

Stellt man beim Test-Exemplar mit dem überaus sparsamen 120-PS-Diesel und der üppigen Serien-Ausstattung einen Vergleich mit dem direkten Mitbewerb an, bewegt sich der 27.570 Euro teure Civic Tourer auf Basis dieses Listen-Preises sozusagen am oberen Rand des unteren Drittels. Abgesehen von den zuvor angeführten Pro-Argumenten für den „auf europäische Bedürfnisse zugeschnittenen“ Japaner kann man auch von einer guten Wert-Beständigkeit und hohen Zuverlässigkeit ausgehen.

Dazu kommt, dass sich der Civic seit Jahresbeginn besonders mit dem Angebot an präzisen, radarbasierten Assistenz-Systemen, die der Sicherheit äußerst zuträglich sind, auf dem Level deutscher Vorzeige-Anbieter bewegt. Und das zu einem durchaus attraktiven Paket-Aufpreis. Leider ist CMBS samt ACC dem Top-Modell vorbehalten. Womit sich für Käufer neuerlich die Frage stellt, ob im Rahmen der 0-Euro-Aktion ein adäquat ausgerüsteter Civic Tourer verfügbar ist. Also besser heute als morgen den nächsten Honda-Händler kontaktieren, der dazu den Status quo in ganz Österreich abrufen kann. Die Funktionsweise besagter Civic-Features wird auf YouTube sehr anschaulich dargestellt.

Real, nicht genormt: Dieser Diesel ist ein Hit, braucht fünf Liter nur im Schnitt!

roland_berger_takashi_kaneko Zwei Civic-Highlights hatten wir schon: die Variabilität und den Laderaum. Den dritten Stockerlplatz teilen sich die ausgewogene Lenkung sowie der durchzugskräftige Selbstzünder, der auch im Eco-Modus wunderbar am Gas hängt. Mitunter schickt man das Effizienz-Helferlein aber auch gern in die Mittagspause. Nämlich dann, wenn es die Umgangsformen des Motors im Drehzahl-Keller beeinflusst. Kann vorkommen, sobald man im Stadtverkehr samt Start-Stopp-Funktion und ausgereizter Klima-Automatik einen eher hektischen Fahrstil pflegt.

Ansonsten hält der 1.6-Liter-Diesel seine 120 Pferde stets souverän auf Trab und immer genügend Power parat. Allein damit hat sich das Triebwerk schon die Betragensnote Sehr gut erworben. Nachdem sich der Civic Tourer im Testmittel aber auch noch mit sensationellen, exakt 5,023 Litern auf 100 km zufriedengab, wird’s im Endeffekt eine römische Eins!

Für ungetrübtes Fahrvergnügen sorgen sowohl Federungs-Komfort, der ebenso wie die Lenkung das Prädikat „ausgewogen“ verdient, als auch Fahrverhalten: Scharfe Kurven durcheilt der Fronttriebler – je nach Beladung – mehr oder weniger neutral, fast schon sportlich, während er auf der Autobahn durch stoischen Gerade-Auslauf gefällt. „Besser geht’s nicht!“, würde ein gewisser Nikolaus Lauda dazu sagen.

Merklich verändern lassen sich diese Eigenschaften, sobald man beim adaptiven Dämpfer-System für die Hinter-Achse (siehe auch Foto-Galerie) von der Einstellung „Normal“ auf „Dynamic“ oder „Comfort“ wechselt. Zumindest in hügeligen Kurven-Passagen glaubt man, in zwei verschiedenen Autos zu sitzen: Das eine Mal durchzieht man sie völlig problemlos, das andere Mal schreitet das sonst zaghafte ESP sehr abrupt ein, weil’s den Kombi aus den „aufgeweichten“ Federn hebt. Je nach Fahrweise und Komfort-Anspruch ist also für jeden etwas dabei.

Die Achillesferse des Civic betrifft leider die Sitz-Ergonomie. Wobei wir die Kommentierung von Minus-Punkten in der Regel unserem Senior-Tester überlassen: „Ich mach’ es kurz und – halbwegs – schmerzlos: Den Civic Tourer schätzt jeder, der einen bezahlbaren Kompakt-Wagen mit echten Lastesel-Qualitäten sucht. Dazu gehören natürlich auch Familien-Väter. Doch wenn’s ein Daddy Langbein ist, sollte er unbedingt auch als Beifahrer eine Probefahrt unternehmen. Der Fußraum zur Spritzwand hin ist für jeden, der mehr als 1,90 Meter misst, schlichtweg zu kurz. Dagegen hat man als Fahrer mit solch einer Statur keine Probleme, zumal der Verstellbereich des Sitzes noch ausreicht. Wirklich ideal ist die Sitzposition aber trotzdem nicht. Im Fond kann man über mangelnde Beinfreiheit nicht klagen, allerdings lassen sich die Kopfstützen nicht weit genug herausziehen.“

Auch zum Cockpit hat sich der Senior einige Notizen gemacht: „Nicht weil es originell gestylt ist, könnte es noch optimiert werden. Im Gegenteil: Als sehr angenehm habe ich zum Beispiel die große, genau ins Blickfeld gerückte Digital-Anzeige des Tachos empfunden. Auch wenn dadurch alle Insassen mitverfolgen können, wie schnell man unterwegs ist. Aber die Anordnung mancher Schalter erscheint mir etwas willkürlich. Immerhin: Bei Dunkelheit sind ausnahmslos alle beleuchtet. Doch warum, bitte, hat die Klima-Automatik keine Kontroll-Leuchte, die man prompt registriert? Um zu erkennen, ob die Anlage eingeschaltet ist, muss man auf eine winzige Display-Schrift runterstarren, die nach einiger Zeit auch noch erlischt.“

Doch die positiven Eindrücke überwiegen: „Griffiges Leder-Lenkrad, nützliche Klein-Ablagen, routinierte Verarbeitung, ansehnliche Materialien und ein exaktes Sechsgang-Getriebe – dessen Schalthebel aber genauso exakt geführt werden will, weil die Gänge nah beieinander liegen. Eine Automatik gibt’s ja nur für den Benziner.“

Und natürlich … „habe ich den optionalen Fernlicht-Assistenten genossen, der immer brav selbsttätig aufs Abblend-Licht gewechselt hat. Ganz egal, ob der Übergang sanft oder spontan erfolgt – man fährt in der Nacht deutlich entspannter. Eigentlich sollte sich keiner von uns Älteren noch einen Neuwagen ohne so ein Licht-System anschaffen.“

Ein wahres Wort. Doch leider zählt dieses Sicherheits-Feature im „Assistenten-Ranking“ der Senioren vorerst nicht zu den begehrten. 930 Euro fürs Assistenz-Paket beim Honda Civic wären gut angelegtes Geld.

Website des Importeurs: www.honda.at

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