Kleiner Hubraum, große Leistung. Downsizing ist keine Seltenheit mehr. Doch geschmeidige Kraftentfaltung ist solchen Motoren weniger eigen. Erfreuliche Ausnahme: der kultivierte Zweiliter-Turbobenziner mit 240 PS, der Fords stärksten S-Max beflügelt. Dazu passend statt widersprüchlich: die souveräne PowerShift-Automatik und das Sport-Fahrwerk des Titanium S. Es verhilft dem von Haus aus agilen Van zu noch mehr Dynamik.
Traditionen sind auch nicht mehr das, was sie mal waren. Bis vor gut 40 Jahren verband man hier zu Lande mit Ford respektive mit Taunus vor allem eines: Viel Auto fürs Geld. In technischer Hinsicht gefielen zwar die perfekt schaltbaren Getriebe. Aber sonst? Die blattgefederten Starrachsen hinten versetzten bei forscher Fahrweise so manches Meisterstück von einer Bodenwelle zur nächsten – und die Insassen in wenig Entzücken.
Datenblatt | |
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Motor | 16V-Vierzyl.-Turbobenziner, 1.999 ccm, Euro 5 |
Leistung | 176 kW/240 PS bei 6.000/min |
Drehmoment | 340 Nm bei 1.900–3.500/min |
Spitze | 235 km/h |
Testverbrauch | 10,2 l ROZ 95/100 km |
Normverbrauch | 8,3 l ROZ 95/100 km |
CO2 | 194 g/km (6G-Automatik) |
L/B/H | 4.801/1.884/1.660 mm |
Leergewicht | 1.676 kg |
Gesamtgewicht | 2.405 kg |
Preis | EUR 45.750,- inkl. 11% NoVA und 20% MwSt. |
Stand: Mai 2013 |
Dann die erste Kehrtwende: Ford Europa investierte in die Nachfolge der P7b-Baureihe (17m bis 26m) so viel Entwicklungsgeld wie niemals zuvor. So lernten Ford-Fahrer ab 1972 mit Consul und Granada ein völlig neues Fahrgefühl kennen. Die dafür verantwortliche Schräglenker-Hinterachse mit Einzelrad-Aufhängung zog zehn Jahre später auch in den Taunus/Cortina-Nachfolger ein – den geradezu futuristisch gestylten Sierra, der für den nächsten Paukenschlag sorgte: Der Sierra war der erste Ford, der in einem deutschen Fachmagazin einen Vergleichstest gewann! Bei Erzfeind Opel wurden die Flaggen auf Halbmast gehisst.
Drei Jahre danach folgte der ABS-Pionier Scorpio samt mutigem Fließheck, der den Granada ablöste. Und Ende 1998 bewies Ford der staunenden Fachwelt, dass man in Köln nicht nur mit Hinterrad-Antrieb meisterhafte Fahrwerke zu bauen vermag. Der Escort-Nachfolger Focus trat den Beweis dafür an. Damals kam der Autor dieser Zeilen schon nach wenigen Test-Kilometern zu der Erkenntnis: „Wozu einen 3er BMW? Dieser Fronttriebler bereitet ums halbe Geld genauso viel Spaß!“ Übrigens: Großen Anteil daran hat die Lenkung gehabt, deren Zielgenauigkeit von keinem Mitbewerber erreicht worden ist.
Bloß unter der Motorhaube bot Ford in alter Tradition brave Hausmannskost statt „Ford-Schritte“ an. Okay, in den 1960er Jahren galt der legendäre Sechszylinder des kleinen Mannes immerhin als unverwüstlich. Zumal seine Literleistung schon seinerzeit vergleichsweise bescheiden ausfiel: Gerade mal 90 PS schöpfte der Einstiegs-V6 aus zwei Litern Hubraum. Und das bei einer Kolben-Geschwindigkeit, die man quasi mit freiem Auge verfolgen konnte.
Ein Volumen, das heute genügt – und damit sind wir beim aktuellen Ford S-Max gelandet –, um mit einem innovativen Vierzylinder-Direkteinspritzer fast dreimal so viele Pferdestärken zu mobilisieren. Konkret 240 PS. Zu verdanken ist dies einer hochmodernen EcoBoost-Technologie, die sogar beim Einliter-Dreizylinder, der in den Modellen Focus und B-Max eingepflanzt wird, für Temperament und Laufruhe sorgt.
Kann denn Leistung Sünde sein? Sicher nicht in einem vollbesetzten Van!
Fords „Super-Max“ hat freilich noch mehr zu bieten: Beeindruckend, wie mühelos und seidenweich der drehfreudige Turbobenziner den 1,7 Tonnen schweren Van plus fünfköpfiger Besatzung vorantreibt. Wozu die feine Doppelkupplungs-Automatik, die man bei Ford „PowerShift“ nennt, maßgeblich beiträgt. Eine Kombination, der man geneigt ist zu attestieren, dass sie für tempolimitierte Straßen eigentlich viel zu schade ist.
Einziger Minuspunkt: Fürs ruckfreie Anfahren braucht’s einen sensiblen Gasfuß. Insofern erscheint das Fehlen eines Sprit sparenden Start-Stopp-Systems, das sich ja nicht immer nach Wunsch aktiviert, beinahe verschmerzbar. Warum nur beinahe? Weil sich der stärkste S-Max im Stadtverkehr schon mal einen Schluck mehr genehmigt. Wodurch ein zweistelliger Verbrauch eher die Regel als die Ausnahme ist. Bei einem korpulenten Benziner mit satten 240 PS kann eben auch EcoBoost-Technik keine Wunder bewirken.
Doch am wohlsten fühlt sich der geräumige Van ohnehin dort, wo er seine Qualitäten als exzellenter Reisewagen ausspielen kann. Der 4,8 Meter lange Fronttriebler lässt sich wie ein Kompaktauto über kurvenreiche Landstraßen dirigieren. Was vor allem dem serienmäßigen Sport-Fahrwerk zugeschrieben werden kann, das dem schon in normaler Abstimmung tollen Handling weiter zuträglich ist.
Nicht abträglich ist es übrigens dem Federungskomfort, den wir im Testexemplar als sehr ausgewogen empfanden. Zumal auch das Langstrecken-taugliche Gestühl zu überzeugen wusste – inklusive der drei top-variablen Einzelsitze im Fond, hinter denen sich ein 854 Liter großer Laderaum befindet. Die Rede ist vom Grund-Volumen bis Fenster-Unterkante! Wird der S-Max als zweisitziger Transporter genutzt, stehen imposante 2.100 Liter zur Verfügung.
Als insgesamt problemlos hat sich die Bedienung des Cockpits erwiesen, was nicht zuletzt für die eigenwillige, aber sinnvoll gestylte Handbremse gilt. Gegen Aufpreis steht zwar eine elektronische Variante zur Wahl, aber wer die ordert, beraubt seinen Tastsinn eines echten Vergnügens. Weniger vergnüglich ist für diesen, will man die winzigen, kaum greifbaren Drehschalter für die Klima-Regelung bedienen. Wahrscheinlich sollen sie dazu erziehen, ihre Funktion alternativ über den Touchscreen abzurufen. Ein Trend, den nicht jeder Autofahrer gern mitmacht, wie unser 75-jähriger Senior-Tester gleich zu verstehen geben wird.
Keinen Anlass zur Klage bieten Materialanmutung und Verarbeitungsqualität. Auch wenn für gehobene Ansprüche noch Spielraum nach oben verbleibt. Umso mehr werden diese durch eine Fülle interessanter Optionen befriedigt. Als Titanium S ist der S-Max 2.0 EcoBoost zwar bereits serienmäßig opulent ausgestattet. Die vielen nützlichen Zusatz-Goodies können den Preis aber locker über die 50.000-Euro-Marke treiben.
SENIOREN SPECIAL (Erklärung siehe Rubrik „Über uns“)
„Mit dem S-Max hatte ich beim Kennenlernen ein ernstes Problem, das mir im Nachhinein etwas peinlich ist“, gesteht unser Senior-Tester. „Ich habe krampfhaft nach dem sechsten und siebten Sitzplatz gesucht, obwohl das Testexemplar nur ein Fünfsitzer war.“ Zur Ehrenrettung: „Im Zulassungsschein waren sieben Sitzplätze vermerkt. Und als gelernter Österreicher zweifelt man eben zuerst an seinem Hausverstand statt an einem behördlichen Dokument.“
Was aber wirklich für erhöhten Blutdruck beim Senior gesorgt hat, „ist der Umstand, dass der S-Max in der optionalen Siebensitzer-Version für einen Vorsteuer-Abzug keine Berechtigung hat. Für Selbstständige, die so einen Personen-Transporter brauchen, aber ungern auf Power verzichten, ist das mehr als betrüblich. Die müssen zum etwas teueren Ford Galaxy mit maximal 203 EcoBoost-PS greifen. Dass der in Relation zu Größe und Gewicht mehr Fahrfreude bereitet als die meisten seiner Mitbewerber, will ich gar nicht bestreiten. Aber an den S-Max reicht auch er nicht heran. Ich war noch in einem Van dieses Formats unterwegs, der sich so agil und leichtfüßig bewegen lässt!“
Und wenn wir schon beim Schwärmen sind: „Manchmal danke ich dem Herrgott, dass ich noch nicht abtreten musste. Noch vor wenigen Jahren wäre ich nie auf die Idee gekommen, dass mich die Maschine einer – Entschuldigung – Familiengurke derart begeistern könnte. Es ist unglaublich, wie unspektakulär die ihre Leistung entfaltet. Zwei Begriffe sind mir dabei in den Sinn gekommen: Turbine und Wankel. Ich denke nicht, dass solche Vergleiche hinken. Leider kann man sich in diesem Land nicht mal an Überhol-Manövern erfreuen – weil sie mit dem S-Max einfach zu kurz sind.“ Der seinen ersten Minuspunkt übrigens beim Manövrieren kassiert: „Der Wendekreis erscheint mir zu groß.“
So viel aus der Sicht eines (ehemaligen) Unternehmers und Motorsportlers, dessen Gefühlsausbrüche beim Überholen auf manchen etwas überholt wirken könnten. Und aus der Sicht der Generation 60plus? „Die Sitze sind tatsächlich hervorragend. Anfangs hatte ich noch Zweifel, weil ich sie zu straff eingeschätzt habe. Doch wer über einen normalen Korpus verfügt, wird überall bestens gestützt. Auch auf den Fond-Sitzen, die über keine Lendenwirbel-Stütze verfügen. Nach jeweils zwei Stunden als Fahrer und Passagier bin ich wieder entspannt und schmerzfrei aus dem Auto gestiegen.“
Apropos Lendenwirbel-Stützen: Sie sind Teil des sehr empfehlenswerten Sitz-Pakets um 764 Euro (inkl. beheiz- und anklappbarer E-Außenspiegel sowie achtfach einstellbarer E-Vordersitze), das außerdem eine Memory-Funktion inkludiert: „Mit der hatte ich ein Erlebnis der anderen Art“, schmunzelt der Senior. Was sich dahinter verbirgt, erfährt man in der Foto-Galerie, wo wie üblich noch auf etliche Details im Test-Kandidaten eingegangen wird.
Auch darauf, wofür der Senior-Tester kein Verständnis mehr hat: „Ich glaube, dass ich als Autofahrer, der jährlich noch rund 30.000 Kilometer zurücklegt, meine Altersklasse nicht eins zu eins repräsentiere. Aber selbst ich habe Spundus davor, während der Fahrt alle möglichen Funktionen aus den Tiefen eines Konfigurations-Menüs hervorzuholen. Klar ist: Nachdem es immer mehr Funktionen und Assistenz-Systeme gibt, kann man die nicht alle über Druckschalter bedienen. Und das S-Max-Cockpit ist beileibe nicht das krasseste Beispiel dafür. Aber die Spielerei am Touchscreen für alltägliche Einstellungen lenkt mich einfach viel zu viel ab. Und wenn schon ich damit zunehmend überfordert bin, dürfte es anderen älteren Autofahrern kaum besser ergehen.“
Dem ist nichts hinzuzufügen.
Website des Importeurs: www.ford.at