Das Update bei den Kleinsten – mehr geht nicht!

Jede Fahrzeug-Klasse hat ihre „natürlichen Grenzen“. Sollte man meinen. Doch Volkswagen gelingt es immer wieder, durch viel Feinarbeit solche Grenzen zu sprengen – siehe zuletzt beim Klassiker Golf. Nur bei den Kleinsten fehlte über Jahre der Star, der den klaren Maßstab gesetzt hat. Erst seit der Einführung des up! (und der baugleichen Brüder von Seat und Skoda) gibt der VW-Konzern hier den Ton an. Kleine Misstöne inbegriffen.

VW black up! 1.0 BlueMotion Technology Kommen wir gleich auf den Punkt. Weshalb der VW up! in seiner Liga der neue Spielmacher ist, liegt vorwiegend im Fahrgefühl und im Sitzkomfort begründet. Ist nicht wirklich objektivierbar? Doch, ist es! Vor allem, wenn man sich auf eher untypisches Kleinstwagen-Terrain begibt und ein paar hundert Kilometer auf der Autobahn zurücklegt. Danach steht fest: Die Bereitschaft, mit dem up! eine größere Reise anzutreten, ist merklich größer als mit jedem Mitbewerber. Ungeachtet der Motorleistung. Aber dazu später.

Datenblatt
Motor 12V-3-Zyl.-Benziner, 999 ccm, Euro 5
Leistung 55 kW/75 PS bei 6.200/min
Spitze 172 km/h
Testverbrauch 5,5 l ROZ 95/100 km
Normverbrauch 4,2 l ROZ 95/100 km
CO2 98 g/km
L/B/H 3.540/1.645/1.489 mm
Leergewicht 940 kg
Gesamtgewicht 1.290 kg
Preis EUR 14.350,- inkl. 2% NoVA und 20% MwSt.
Stand: Dezember 2012

Schade, dass die durch Know-how erzielten Langstrecken-Qualitäten durch simple Spar-Maßnahmen eingeschränkt werden. So lässt sich die Volant-Einstellung nicht axial variieren. Effekt: Trotz großzügiger Längs-Verstellung des Fahrersitzes, die selbst einem Zweimeter-Mann ausreichend Beinfreiheit gewährt, findet dieser keine optimale Sitzposition. Und wer die Angewohnheit hat, den linken Unterarm auf der Türlehne abzustützen, gibt diese Sitzhaltung im up! schon nach kurzer Zeit auf. Man hätte das brettharte Trumm ja nicht aufwändig aufpolstern müssen, aber ein bisserl Schaumstoff wäre ihm zu gönnen gewesen.

So sind es zumeist diverse Eingriffe der „Rotstiftler“, die da und dort für Unbill sorgen (mehr dazu in der Foto-Galerie). In konstruktiver Hinsicht dagegen ist mit dem up! das bestmögliche Kleinstwagen-Update gelungen. Eines, das man freilich nicht immer durch die VW-Brille betrachten muss. Wer die Marke nicht mag, wird wahrscheinlich auch den up! als seelenloses Gefährt empfinden. Weil an ihm so lange gefeilt wurde, bis weder die funktionelle Bedienung, noch die leichtgängig-exakte Schaltung samt der ebenso angenehmen Lenkung, noch das problemlose Fahrverhalten, noch die ausgewogene Federung oder der laufruhige Dreizylinder-Benziner wirklich ins Bewusstsein dringen. Manche Zeitgenossen fühlen sich vom Bemühen um Perfektion sogar angeödet. Vor allem im „vogelfreien“ Segment der rund 3,5 Meter kurzen Fronttriebler, die in aller Regel nicht darauf getrimmt sind.

Wer auf Lifestyle mehr Wert legt, wird aber auch beim up! bedient: Und zwar mit der aufgeputzten Sonder-Edition namens black up! bzw. white up!. Auto-Kaufberatung.at war mit dem schwarz glänzenden Schmuckstück unterwegs, das – streng rationell gesehen – nur so strotzt vor verzichtbaren Gimmicks, wie ein Blick in die Ausstattungs-Liste belegt. Sinnvolles Serien-Beiwerk ist hingegen das portable Navigations- und Infotainment-System maps + more, das sich durch seine überaus einfache Handhabung auszeichnet (Näheres dazu ebenfalls in der Foto-Galerie). Für jedes andere up!-Modell wird es zum moderaten Aufpreis von rund 360 Euro angeboten.

Als moderat könnte man auch die Fahrleistungen des up! empfinden, selbst in der stärkeren 75-PS-Version. Jedenfalls dann, wenn man tatsächlich seine Überland-Tugenden auskosten will. Was nicht heißen soll, dass das Auto untermotorisiert ist. Keineswegs! Mit einer Spitze von gut 170 km/h war man zu „Freie Fahrt“-Zeiten noch Okkupant der linken Autobahn-Spur. Doch wenn’s darum geht, etwa nach einem Baustellen-80er wieder Tempo 130 zu erreichen, zieht sich’s ein bisserl. Dann glänzt die Maschine zwar mit Drehfreude, aber nicht unbedingt mit Durchzugskraft. Freunde der souveränen Fortbewegung dürften ihn daher mit Sehnsucht erwarten – den kolportierten up! GTi.

Als kommodes Stadtauto ist der up! dagegen voll in seinem Element, sprintet aus dem Stand ordentlich los. Da spielt es auch keine allzu große Rolle, ob der 60- oder 75-PS-Benziner für Vortrieb sorgt. Unser Test-Exemplar war mit der effizienten BlueMotion Technology (BMT) ausgerüstet, also einem Start-Stopp-System samt Rekuperation.

Ob der dafür zu leistende Mehrpreis von 370 Euro wieder „hereingefahren“ wird, ist schwer zu sagen. Dem Norm-Mix zufolge beträgt die Ersparnis immerhin einen halben Liter Superbenzin (4,2 statt 4,7 l/100 km). Im Test-Schnitt genehmigte sich der up! BMT mit stets aktivierter Start-Stopp-Automatik aber doch 5,5 Liter. Trotzdem: Spätestens beim Verkauf bzw. Eintausch sollte sich die BMT-Option amortisieren. Ein offizieller CO2-Wert von 98 g/km schindet einfach mehr Eindruck, als es die 108 Gramm beim 75-PS-up! ohne BMT tun.

Und gleich wissen wir, ob der VW up! auch bei unserem Senior-Tester Eindruck schinden konnte.

SENIOREN SPECIAL  (Erklärung siehe Rubrik „Über uns“)

Unser erfahrener Kollege, der von Messerschmitt bis Maserati schon fast alles steuerte, was drei bis vier Räder hatte, begegnet dem kleinen Schwarzen emotions-, aber nicht sprachlos: „Der up! ist ein typischer VW, also vom Fahrgenuss her eine Klasse weiter oben anzusiedeln. Negativ aufgefallen sind mir nur Eigenheiten, die ich nicht überbewerten will: Zum einen ist die Spurweite – sicher unfreiwillig – auf Wiener Tramway-Schienen zugeschnitten, weil sich das Auto da etwas unruhig verhält. Und zum anderen hat mich gewundert, dass die Türen beim Zuschlagen so peinlich scheppern. Ihr wisst ja, dass ich ein Freund des Sound-Designs bin. Aber in so was hat man wohl kaum investiert, zumal VW schon bei den elektrischen Fensterhebern eine ziemlich fragwürdige Sparform gefunden hat…“

Die spezielle Fensterheber-Lösung beim up! und seinen Konzern-Brüdern ist ein eigenes Thema, das wir bereits beim Seat Mii behandelt haben. Aber weil’s überall nur Kopfschütteln hervorruft, gehen wir in der Foto-Galerie nochmals darauf ein.

„Ansonsten“, zeigt sich unser 74-jähriger Co-Tester begeistert, „kann sich jeder Mitstreiter hinter dem Qualitäts-Niveau des up! verstecken. Die bis ins Detail untadelige Verarbeitung sowie die wertige Haptik der Cockpit-Elemente sucht man bei seinen Klassen-Kameraden vergebens. Ausgenommen natürlich Skoda Citigo und Seat Mii, nachdem die mit dem VW ja im selben Werk produziert werden.“

Damit nicht genug: „Die Variabilität des Kofferraums empfinde ich als Fortschritt im kleinen VW. Nicht, weil die was Besonderes wäre. Aber die Mechanik funktioniert endlich so kinderleicht wie bei vielen asiatischen Vorbildern. Wobei manche Teile wie etwa die Gepäckraum-Abdeckung im up! zwar ebenso filigran wirken, aber deutlich passgenauer gearbeitet sind. Das Einzige, was mich und mein Rückgrat stört, ist die recht hohe Ladekante. Dass der up! mit BlueMotion Technology um 15 Millimeter tiefer liegt, ist diesbezüglich zwar tröstlich. Andererseits wär’s mir zum Ein- und Aussteigen wieder umgekehrt lieber.“

Und Vorzüge aus Senioren-Sicht hat der up! keine? „Aber ja doch: Mit dem Navi-Touch-Zeugs bin sogar ich auf Anhieb zurechtgekommen. Die Vordersitze taugen, wie bei VW üblich, selbst für stundenlange Fahrten. Außerdem hat mir die praktische Lehnen-Verstellung gut gefallen“ (zu sehen in der Foto-Galerie). „Dann gibt es auch so Feinheiten wie das große Wischerfeld, das ich positiv registriert habe. Ebenso wie die kräftig tönende Hupe, die in der Spuckerl-Klasse leider immer noch keine Selbstverständlichkeit ist.“

Übrigens auch nicht bei Volkswagen. Das „Doppelton-Signalhorn“ hat der up! erst ab der mittleren Ausstattungs-Stufe serienmäßig an Bord. Im Basis-Modell macht man sich über ein „Hochton-Signalhorn“ bemerkbar. Oder auch nicht.

Website des Importeurs: www.volkswagen.at

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