Aggressiv und investigativ. So werden in der ZDF-Sendereihe Frontal 21 in aller Regel Missstände aufgedeckt. Mitunter schießt man aber übers Ziel hinaus. Wie jüngst bei der Dokumentation „Die leise Revolution“. Im Bestreben, das viel versprechende E-Auto als Allheilmittel für Probleme des Individualverkehrs zu preisen, trat man der eigenen Auto-Industrie auf die Zehen. Und die ließ sich vorführen, wie’s peinlicher kaum geht.
Der Urlaub bringt’s mit sich, dass man Versäumtes nachholen muss. Viele dürften daher die ZDF-Doku „Die leise Revolution“, deren Erstausstrahlung am 19. Juli erfolgte, verpasst haben. Kein Malheur, es gibt ja Auto-Kaufberatung.at. Denn gesehen sollte man sie haben, diese Folge der Sendereihe Frontal 21.
Zu genießen ist der ZDF-Beitrag allerdings mit Vorbehalt, weil er etwas einseitig aufbereitet wurde. Ungeachtet der grundsätzlich lobenswerten Initiative, dem Elektro-Auto Vorschub zu leisten, ging man mit dessen Nachteilen eher sanft, mit dem Verbrennungsmotor umso mehr ins Gericht. Zu spüren bekam dies vor allem die eigene, sprich deutsche Auto-Industrie – deren Vertreter sich vor der Kamera aber auch einige Blößen gaben.
Das „Highlight“ dabei war der „Vergleichstest“ zweier Volkswagen: eines schrottreifen Golf I GTD mit einem aktuellen Golf VI TDI mit BlueMotion Technology. O-Ton der Sendung: „Das ist ein klappriger, abgemeldeter Golf Baujahr 1982. Seit neun Monaten ist er nicht mehr gelaufen. Wir besorgen eine Tageszulassung. Und dann tritt der Uralt-Golf gegen das aktuelle Spritsparwunder an. Beide mit Turbodiesel und 1,6 Liter Hubraum. Nach hundert Kilometern tanken wir wieder voll. Ergebnis: Der alte Golf verbraucht 4,05 Liter, der neue Golf mit feschem BlueMotion-Logo 4,92 Liter. Die fast 30 Jahre alte Klapperkiste hat gegen ihren Hightech-Nachfolger gewonnen. Das soll uns der Entwicklungschef von Volkswagen mal erläutern.“
Man bat also Ulrich Hackenberg, den Entwicklungsvorstand der Volkswagen AG, vors Mikrophon. Und dem fiel dazu nur Folgendes ein: „Das kann ich momentan so nicht kommentieren, weil ich nicht dabei war. Ich weiß nicht, wie Sie gefahren sind. (…) Auch wenn man hintereinander fährt, spielt der Fahrer eine große Rolle.“ Fazit des Frontal 21-Teams: „Die größere Rolle spielte da wohl das Auto.“ Und damit hatte man ausnahmsweise Recht…
Denn weder die um Objektivität verpflichtete ZDF-Redaktion noch leider Hackenberg selber taten kund, dass hier zwei Fahrzeuge gegeneinander angetreten sind, von denen das eine fast ein doppelt so hohes Leergewicht auf die Waage bringt wie das andere. 30 Jahre Fortschritt in Sachen Sicherheit – und keiner hat’s gemerkt? Hätten die Damen und Herren von Frontal 21 auch gleich einen Frontal-Crash mit beiden Testkandidaten unternommen, wäre ihnen die Absurdität dieses Vergleichs wahrscheinlich aufgefallen.
Nein, nicht wahrscheinlich. Mit Sicherheit!
Werden die Letzten auch diesmal die Ersten sein?
Eine Anmerkung sei noch gestattet: „Die großen deutschen Autobauer verkaufen bis heute kein einziges Elektro-Auto, dabei soll Deutschland Weltmarktführer werden“, räsoniert man gegen Ende des TV-Beitrags. Nicht ganz zu Unrecht. Trotzdem: Erinnern wir uns, als Volkswagen einst gescholten wurde, dass die Segmente des Kompakt-Vans und des SUV von den Wolfsburgern „noch immer nicht“ besetzt seien. Und dann kamen die Überflieger Touran und Tiguan…
In Summe freilich ist auch diese Frontal 21-Folge mit etlichen Hard Facts gespickt, die durchaus zu denken geben. Ein Klick genügt und Sie sind „drin“!
NACHTRAG: Wär’s nicht Zufall, könnte man hinter der jüngsten (9. August) Pressemitteilung von Porsche Austria einen Seitenhieb auf den seltsamen Frontal 21-Vergleichstest vermuten. Anlässlich neuerlicher Rekord-Zulassungen vor allem bei verbrauchsgünstigen Neuwagen verweist Porsche Holding-Chef Wolf-Dieter Hellmaier auf den großen VW-Erfolg mit der BlueMotion Technology: „Wir führen seit vielen Jahren als einzige Automobil-Vertriebsorganisation in Österreich regelmäßig Spritspar-Wettbewerbe durch, um das Bewusstsein der Autokäufer zu schärfen, sich die aktuell verbrauchsärmste Technik zunutze zu machen.“