Lackprofis, aufgepasst! In Zukunft soll eine UV-Lampe ausreichen, um Kratzer im Autolack verschwinden zu lassen. Denn Wissenschafter wollen ein Polymer-Material entwickelt haben, das unter ultraviolettem Licht Oberflächen-Schäden repariert. Ein schneller und effizienter Selbstheilungs-Mechanismus, so heißt es.
Von solchen Selbstheilungen berichten Forscher des Adolphe Merkle Instituts (AMI) der Universität Freiburg sowie US-Kollegen im Magazin „Nature“, ist vom Nachrichtendienst „pressetext“ brandaktuell zu erfahren. Daher sehe das Forscherteam großes Anwendungspotenzial nicht nur für Lacke in der Automobilindustrie, sondern etwa auch für Bodenbeschichtungen oder in der Möbelindustrie.
„Diese Polymere haben einen Napoleon-Komplex: Sie sind eigentlich sehr klein, verhalten sich aber, als wären sie groß“, erklärt Stuart Rowan, Professor für Makromolekular-Wissenschaften und Direktor des Instituts für Advanced Materials der Case Western Reserve University. Es handelt sich nämlich nicht wie bei herkömmlichen Polymeren um lange Molekül-Ketten mit tausenden Atomen. Vielmehr verbinden sich kleinere Molekül-Bausteine mithilfe von Metall-Ionen als eine Art „molekularer Leim“ zu langen Ketten.
Verschwindibus – ähnlich wie kleine Schnittwunden auf der Haut
„Dank dieser molekularen Beschaffenheit sind die Materialien in der Lage, unter UV-Strahlung ihre Eigenschaften zu verändern“, erklärt Christoph Weder, Professor für Polymerchemie und Materialien sowie Direktor des AMI. Konkret löst sich so der metallische Leim und das Material verflüssigt sich. Hört die UV-Bestrahlung auf, bilden sich neue Ketten, wobei Kratzer ähnlich wie Schnittwunden auf der Haut verschwinden. Dazu ist eine starke UV-Lampe erforderlich. „Sonnenlicht allein reicht bislang nicht aus“, betont Gina Fiore, Gruppenleiterin im Bereich Polymerchemie und Materialien am AMI.
Im Prinzip würde es für den Selbstheilungseffekt ausreichen, das Material zu erhitzen. „Indem wir Licht verwenden, haben wir aber mehr Kontrolle. Das erlaubt uns, gezielt Schäden zu behandeln und den Rest des Materials unberührt zu lassen“, so Mark Burnworth, Doktorand an der Case Western. Genau das macht den Ansatz für die praktische Anwendung besonders interessant. Noch dazu konnten die Forscher in Tests mehrmals (!) Kratzer an der gleichen Stelle einer Oberfläche verschwinden lassen.
Bislang hat das Team mit eigens gefertigten Materialen im Labor gearbeitet, doch sollte der Ansatz mit bestimmten kommerziell verfügbaren Polymeren funktionieren. Daher sind die Forscher zuversichtlich, dass selbstheilende Beschichtungen relativ günstig realisierbar wären. Allerdings sei es noch zu früh um abzuschätzen, wann die Materialien tatsächlich in industriellem Maßstab gefertigt werden und somit in den Handel kommen.